Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 11.5.1993 - 2 BvR 1989/92, 55/93, 250/93
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Date:
11 May 1993
Bundesverfassungsgericht
Beschluß vom 11.5.1993 - 2 BvR 1989/92, 55/93, 250/93
Leitsätze der Redaktion:
1. Die staatliche Verfolgung von Taten, die - wie separatistische Aktivitäten - aus sich heraus eine Umsetzung politischer Überzeugung darstellen, kann grundsätzlich politische Verfolgung sein. Das gilt auch dann, wenn der Staat hierdurch das Rechtsgut des eigenen Bestandes oder seine politische Identität verteidigt. Es bedarf einer besonderen Begründung, um sie gleichwohl aus dem Bereich politischer Verfolgung herausfallen zu lassen.
2. Mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidungen bedürfen von Verfassungs wegen keiner Begründung. Freilich folgt aus der Möglichkeit, auf eine-Begründung der gerichtlichen Entscheidung zu verzichten, keine Lockerung des materiell-verfassungsrechtlichen Maßstabes des Willkürverbots, an dem sich auch jede Gerichtsentscheidung messen lassen muß.
Sachverhalt: Mit der nachfolgend wiedergegebenen Entscheidung der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts - in der Besetzung mit den Richtern Böckenförde, Kruis und Sommer - wurden die Urteile des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 3.8.1992 - 8 K 3448/91.A -, vom 5.10.1992 - 9 K 1712/92.A - und vom 12.10.1992 - 9 K 3500/91.A - wegen Verletzung des Grundrechtes aus Artikel 16 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes (a. F.) aufgehoben. Die Sachen wurden an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13.10.1992 - 18 A 3152/92.A -, vom 4.12.1992 - 18 A 3791/92.A - und vom 8.1.1993 - 18 A 3590/92.A - wurden für gegenstandslos erklärt. Dem Land Nordrhein-Westfalen wurde auferlegt, den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Aus den Gründen:
»A. Die Verfassungsbeschwerden betreffen die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Asylrelevanz staatlicher Maßnahmen bei der Abwehr separatistischer und terroristischer Bestrebungen sowie die asylrechtliche Beurteilung sogenannter Amtswalterexzesse.
I.
1. Die Beschwerdeführer sind türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten im Jahre 1991 zu verschiedenen Zeitpunkten in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten jeweils ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Hierzu verwiesen sie auf ihre kurdische Volkszugehörigkeit und machten geltend, sie seien wegen Unterstützungshandlungen für die PKK und andere kurdische Organisationen festgenommen, verhört und dabei geschlagen worden. Mit ihren Asylbegehren blieben die Beschwerdeführer ohne Erfolg. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 18. April 1991 (Beschwerdeführer zu 1.), vom 23. April 1991 (Beschwerdeführer zu 2.) und vom 26. März 1992 (Beschwerdeführer zu 3.) ab.
2. Mit den angegriffenen Urteilen wies das Verwaltungsgericht die gegen die Bescheide des Bundesamtes erhobenen Klagen jeweils ab.
a) In seinem Urteil vom 3. August 1992 betreffend den Beschwerdeführer zu 1. hat das Verwaltungsgericht das vorgetragene Verfolgungsschicksal in der Türkei als nicht glaubhaft angesehen und im übrigen ausgeführt: Der Beschwerdeführer könne einen Asylanspruch auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Gruppenverfolgung herleiten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Obergerichte unterlägen die Kurden in der Türkei keiner zielgerichteten Verfolgung allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit. Die Kammer sehe keinen Anlaß, von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Auch in Ansehung der Geschehnisse anläßlich des Newroz-Festes 1992 sei nicht von einer Verfolgung aller Kurden durch den türkischen Staat auszugehen. Es handele sich hierbei um durch besondere Härte und Brutalität gekennzeichnete Maßnahmen der türkischen Sicherheitskräfte zur Bekämpfung der terrohstischen Aktivitäten der PKK. Wenngleich es dabei immer wieder zu Übergriffen auf die Zivilbevölkerung komme, richteten sich die Maßnahmen nicht gegen die kurdische Volksgruppe als solche, sondern seien Ausdruck der Terrorismusbekämpfung, so daß aus einzelnen Übergriffen keine durchgängige Tendenz der Verfolgung aller Kurden hergeleitet werden könne.
b) Auch in seinen Urteilen vom 5. (Beschwerdeführer zu 3.) und vom 12. Oktober 1992 (Beschwerdeführer zu 2.) hat das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen für eine Asylanerkennung im Hinblick auf das von den Beschwerdeführern jeweils vorgetragene individuelle Verfolgungsschicksal nicht als gegeben angesehen und sodann in beiden Entscheidungen nahezu wortgleich ausgeführt:
Eine wohlbegründete Furcht vor politischer Verfolgung liege auch nicht deshalb vor, weil der Beschwerdeführer kurdischer Volkszugehöriger sei. Die kurdische Bevölkerungsgruppe in der Türkei sei als solche einer ethnisch motivierten staatlichen Verfolgung nicht ausgesetzt. Kurden hätten in der Türkei formell die gleichen Rechte wie alle (anderen) Staatsbürger. Nicht zu verkennen sei, daß die Türkei sich als türkischer Nationalstaat verstehe und die kurdische Minderheit aus diesem Grund vielfältigen Beschränkungen, Diskriminierungen und Schikanen bei der Pflege einer eigenständigen Kultur ausgesetzt sei. Außerdem sei die Lage der Kurden in der Osttürkei durch wirtschaftlich bedrückende Zustände gekennzeichnet. Ferner gehe der türkische Staat unnachsichtig mit administrativen, polizeilichen und militärischen Mitteln gegen Bestrebungen von Kurden vor, staatliche Selbständigkeit zu erlangen. Zur Erreichung des Ziels eines autonomen kurdischen Staates in den angestammten Siedlungsgebieten der Kurden führe vor allem die PKK insbesondere in den südöstlichen und östlichen Landesteilen der Türkei einen bewaffneten Guerillakampf gegen Einrichtungen des türkischen Staates. Im Rahmen der vom türkischen Staat zur Unterdrückung separatistischer Bestrebungen und bewaffneter Aktivitäten geführten Auseinandersetzun mit der PKK sei die einheimische Bevölkerung seitens der Polizei und des Militärs Übergriffen ausgesetzt, die durch besondere Härte und teilweise Brutalität gekennzeichnet seien. Diese zum Teil exzeßartige Übergriffe ständen jedoch in aller Regel im Zusammenhang mit den Besonderheiten des Kampfes gegen die PKK-Guerilla. Sie richteten sich nicht gegen die gesamte kurdische Volksgruppe in der Türkei, der etwa 12 Millionen Menschen angehörten. Die Aktionen der kurdischen Guerillas und die hiergegen vom türkischen Staat ergriffenen Maßnahmen wiesen Schwerpunkte regionaler Art auf und unterschieden sich deutlich nach Schärfe sowie Intensität, Wobei die Bevölkerung in eine Zwangslage zwischen einerseits einer Unterstützung der PKK und andererseits einer Bekämpfung der PKK gedrängt werde. Die staatlichen Sicherheitskräfte reagierten vielfach auf stattgefundene Anschläge der PKK mit polizeilichen oder militärischen Einsätzen im lokalen Umkreis der betreffenden Orte. Dabei sei zu berücksichtigen, daß den einzelnen Kommandanten örtlicher Sicherheitskräfte, die unter Umständen eine eigenständige Praxis betrieben, ein wesentlicher Einfluß auf die konkrete Ausgestaltung der Tätigkeit der Sicherheitskräfte zukomme. Insgesamt seien auf Grund der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse die allgemeinen tatsächlichen Lebensumstände der Kurden in der Türkei trotz aller Beeintrichtigungen nicht als politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG zu bewerten.
3. Die Anträge der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung hat das Oberverwaltungsgericht mit den gleichfalls angegriffenen Beschlüssen ohne Begründung abgelehnt.
II.
1. Mit ihren nahezu gleichlautenden Verfassungsbeschwerden gegen die gerichtlichen Entscheidungen rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 16 Abs. 2 Satz 2, 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG; die Beschwerdeführer zu 2. und 3. haben ferner jeweils einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gestellt. Die Verfassungsbeschwerden werden im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts verstießen gegen Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG und auch gegen Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG, da sie keine Begründung enthielten. Diese Vorgehensweise sowie die sie ermöglichende Vorschrift des § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG erwiesen sich als verfassungswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehöre es zu der Gewährung effektiven Rechtsschutzes, daß ein Gericht seine Entscheidung auch im Rechtsmittelzug für den jeweiligen Beteiligten nachvollziehbar begründe. Es habe zumindest kurz darzulegen, aus welchen Gründen es zu seiner Auffassung gelangt sei, um dem Rechtsfrieden zu dienen. Weiterhin werde auch nur so dem jeweiIigen Beteiligten ermöglicht, diese Entscheidung durch ein höheres Gericht überprüfen zu lassen. Dies gelte selbst dann, wenn der normale Instanzenzug von einer derartigen Entscheidung abgeschlossen werde, da jedenfalls eine Verfassungsbeschwerde noch möglich sei. Das Verwaltungsgericht hebe in seinen Urteilen hervor, daß die Übergriffe der türkischen Sicherheitskräfte sich durch >besondere Härte und Brutalität auszeichneten und es dabei >immer wieder zu Übergriffen auf die Zivilbevölkerung komme. Es verneine jedoch eine asylgerichtete Tendenz, da derartige Übergriffe allein der Bekämpfung der angeblichen terroristischen Aktivitäten der PKK dienten. Dies sei verfassungsrechtlich nicht haltbar. Das Bundesverfassungsgericht habe in ständiger Rechtsprechung dargelegt, daß sich rücksichtslose Razzien, Durchsuchungen, Verhaftungen usw., denen eine nach asylerheblichen Merkmalen abgrenzbare Bevölkerungsgruppe ausgesetzt sei, grundsätzlich als politische Verfolgung darstellten und nicht damit gerechtfertigt werden könnten, derartige Aktivitäten dienten allein der Bekämpfung eines terroristische Methoden anwendenden Gegners, hier der PKK.
2. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von der ihm in allen drei Verfahren eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.
B.
I. Die Verfassungsbeschwerden sind jedenfalls - soweit sie sich gegen die verwaltungsgerichtlichen Urteile richten - zulässig.
Der Rüge, das Verwaltungsgericht habe in seinen Urteilen die Tragweite von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG verkannt§ indem es sich auf den Standpunkt gestellt habe, daß Kurden in der Türkei auch unter Berücksichtigung der Verschärfung der Situation in Ostanatolien keiner unmittelbaren oder mittelbaren gruppengerichteten Verfolgung ausgesetzt seien, läßt sich eine dem Begründungs- und Substantiierungsgebot des § 92 BVerfGG genügende Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen entnehmen. Sie läßt es als möglich erscheinen, daß die Urteile auf einem verfassungsrechtlich zu engen Verständnis der Gruppenverfolgung, namentlich ihrer tatsächlichen Voraussetzungen und der asylerheblichen Zielgerichtetheit staatlicher Maßnahmen, beruhen.
II. In dem genannten Umfang sind die Verfassungsbeschwerden auch im Sinne des § 93b Abs. 2 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet.
1.
a) Eine Verfolgung ist dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin >wegen eines Asylmerkmals erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgten dabei leiten (vgl. BVerfGE 76, 143 157, 166 f.>; 80, 315 (335); Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 1991 - 2 BvR 1497/90 - InfAusIR 1991, S. 262 264> und vom 11. Februar 1992 - 2 BvR 1155/91 - InfAusIR 1992, S. 152 154>). Allein mit dem Hinweis auf die staatliche Motivation - Bekämpfung der PKK - konnte das Verwaltungsgericht daher die Asylerheblichkeit der Übergriffe durch die türkische Armee auf die einheimische Zivilbevölkerung nicht ablehnen.
b) Auch soweit das Verwaltungsgericht der Auffassung gewesen sein sollte, Angriffe gegen die PKK dienten allein der Separatismus- bzw. der Terrorismusbekämpfang und seien aus diesem Grund nicht asylerheblich, wäre dies verfassungsrechtlich nicht ohne weiteres haltbar. Die staatliche Verfolgung von Taten, die - wie separatistische Aktivitäten - aus sich heraus eine Umsetzung politischer Überzeugung darstellen, kann grundsätzlich politische Verfolgung sein. Das gilt auch dann, wenn der Staat hierdurch das Rechtsgut des eigenen Bestandes oder seine politische Identität verteidigt. Es bedarf einer besonderen Begründung, um sie gleichwohl aus dem Bereich politischer Verfolgung herausfallen zu lassen (vgl. BVerfGE 80, 315 336 f.> = InfAusIR 1990, 21; 81, 142 149 f.> = InfAusIR 1990, 122). Auch wenn die Abwehr terroristischer Angriffe hierfür grundsätzlich in Betracht kommt, kann dennoch eine asylrelevante politische Verfolgung gegeben sein. Dies gilt namentlich für Aktionen eines bloßen Gegenterrors, die zwar der Bekämpfung des Terrorismus und seines ihn aktiv unterstützenden Umfeldes gelten mögen, aber darauf ausgerichtet sind, die an dem bestehenden Konflikt nicht unmittelbar beteiligte zivile Bevölkerung - im Gegenzug zu den Aktionen des Terrorismus - unter dem Druck brutaler Gewalt zu setzen (BVerfGE 80, 315 339 f.>; 81, 142 152>; jes. InfAusIR a.a.O.). Das Verwaltungsgericht hat eine solche Prüfung nicht vorgenommen, obwohl nach seinen eigenen Feststellungen in den angegriffenen Urteilen (>Ubergriffe, die durch besondere Härte und
c) Schließlich könnte den Ausführungen des Verwaltungsgerichts in seinen die Beschwerdeführer zu 2. und 3. betreffenden Entscheidungen zu entnehmen sein, daß es sich nach seiner Auffassung bei den Übergriffen von Militär und Polizei um sogenannte Amtswalterexzesse handelt, die dem türkischen Staat nicht ohne weiteres zuzurechnen wären. Das Verwaltungsgericht selbst spricht insoweit von >zum Teil exzeßartigen Übergriffe, ferner hebt es hervor, den einzelnen Kommandanten örtlicher Sicherheitskräfte, die unter Umständen eine eigenständige Praxis betrieben, komme ein wesentlicher Einfluß auf die konkrete Ausgestaltung der Tätigkeit der Sicherheitskräfte zu. Auch hieraus kann jedoch nicht ohne weiteres auf eine fehlende Asylerheblichkeit der Übergriffe geschlossen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können zwar vereinzelte Exzeßtaten von Amtswaltern dem Staat nicht zurechenbar sein (vgl. BVerfGE 80, 315 352> = InfAusIR a.a.O.). Entsprechende Feststellungen, die auf bloße Einzelexzesse hindeuten könnten, hat jedoch das Verwaltungsgericht nicht getroffen. Die Ausführungen in den genannten Urteilen sprechen eher gegen die Annahme solcher Einzelvorgänge.
d) Ob die Maßnahmen der türkischen Sicherheitskräfte die erforderliche >Verfolgungsdichte aufweisen (vgl. für die mittelbare Gruppenverfolgung BVerfGE 83, 216 >232 = InfAuslR 1991, 200), bedarf auf der Grundlage der aufgezeigten verfassungsrechtlichen Anforderungen ebenso der erneuten Prüfung durch das Verwaltungsgericht wie die Frage nach der asylerheblichen Intensivität der staatlichen Übergriffe.
III.
1. Da keine Umstände ersichtlich sind, die einen Rückschluß darauf zuließen, daß eine erneute, verfassungsgemäße Rechtsanwendung mit Sicherheit wiederum zum Nachteil der Beschwerdeführer ausfallen müßte (vgl. BVerfGE 35, 324 344>; 81, 142 155>), sind die angegriffenen Urteile aufzuheben; die Sachen sind an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
2. Damit sind die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts gegenstandslos. Auch auf die mit der Verfassungsbeschwerde gegen sie mittelbar erhobene Rüge einer Verfassungswidrigkeit von § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG n. F. kommt es daher nicht mehr an. Die Kammer bemerkt hierzu folgendes:
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, daß mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidungen von Verfassungs wegen keiner Begründung bedürfen (vgl. BVerfGE 50, 287 289 f.>; 71, 122 135 f.>; 81, 97 106>). Die Verfassungsbeschwerden zeigen keine Umstände auf, die eine grundsätzlich neue und andere Sicht der Dinge gebieten könnten. Freilich folgt aus der Möglichkeit, auf eine Begründung der gerichtlichen Entscheidung zu verzichten, keine Lockerung des materiell-verfassungsrechtlichen Maßstabs des Willkürverbots, an dem sich auch jede Gerichtsentscheidung messen lassen muß. Dieser Maßstab verlangt mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gebundenheit des Richters an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) eine Begründung auch der letztinstanzlichen Entscheidung jedenfalls dann und insoweit, als von dem eindeutige Wortlaut einer Rechtsnorm und ihrer Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung abgewichen werden soll und der Grund hierfür sich nicht schon eindeutig aus den den Beteiligten bekannten oder für sie ohne weiteres erkennbaren Besonderheiten des Falles ergibt (vgl. BVerfGE 71, 122 (135 f.); 81, 97 106>). Das Fehlen der Begründung einer gerichtlichen Entscheidung und eines anderen Hinweises auf den maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkt kann - bei entsprechendem substantiierten Vortrag des Beschwerdeführers - dazu führen, daß ein Verfassungsverstoß nicht auszuschließen und die Entscheidung deshalb aufzuheben ist (vgl. auch BVerfGE 55, 205 206>). Solche infolge des Fehlens der Begründung nicht auszuräumende Zweifel, ob die angegriffenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts den Rahmen verfassungsmäßiger Vorgaben für eine Ablehnung der Berufungszulassung einhalten, sind in den Verfassungsbeschwerden aber nicht dargelegt worden; sie sind auch nicht ersichtlich.«
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