1. Verfassung

1.1. Staatsname

Islami Jamhuriya-e-Pakistan = Islamische Republik Pakistan

1.2. Staatssymbol und Staatswappen

Flagge: weiss-grün; weisser Halbmond und Stern Staatswappen
auf grünem Grund Quelle: Meyers Grosses Universallexikon. Mannheim. 1984

1.3. Staatsform

Pakistan ist eine föderative Republik. Die Kompetenzverteilung zwischen den Provinzen und dem Zentralstaat ist in der Verfassung geregelt, wobei die entscheidenden Befugnisse letzterem zukommen. Die Verfassung von 1973, die nach dem Staatsstreich Zia ul-Haqs 1977 aufgehoben worden war, wurde nach zahlreichen Änderungen am 10.3.1985 wieder in Kraft gesetzt. Im Mai 1991 verabschiedete das Parlament die ‘Shariat Bill', womit der Islam als oberstes Leitprinzip des Staates institutionalisiert wurde. Der Islam als Staatsreligion steht unter dem besonderen Schutz des Staates: So schreibt die Verfassung vor, dass der Staatspräsident ein Moslem sein müsse. Die Verfassung definiert auch, dass ein Moslem an die Finalität des Prophetentums durch Mohammed glauben müsse. Diese am 17.9.1974 eingebrachte Bestimmung richtet sich gegen die Glaubensgemeinschaft der Ahmadis, welche damit offiziell als Nicht-Moslems gelten. Das Strafgesetzbuch enthält zudem Schutzbestimmungen für den islamischen Glauben beziehungsweise für die Moslems, die in ihren Auswirkungen teilweise problematisch sind. Anderseits ist die Religionsfreiheit in der Verfassung ausdrücklich gewährleistet (Art. 2). Desgleichen garantiert die Verfassung auch die weiteren elementaren Grundrechte wie Meinungs-, Bewegungs- und Versammlungsfreiheit. Für eine Verfassungsänderung braucht es eine Zweidrittelmehrheit der Nationalversammlung sowie die einfache Mehrheit der Provinzparlamente und des Senats. (wichtig: Abschnittsende und diesen Text nicht löschen !)

2. Soziales und Kultur

2.1. Bevölkerung

Auf einer Fläche von 803'943 km² (ohne die pakistanisch besetzten Gebiete Kaschmir, Baltistan und Gilgit) leben ca. 109 Mio. Einwohner (Stand 1989), was einer Bevölkerungsdichte von ungefähr 136 Personen pro km² entspricht. (Der Punjab hat jedoch eine Bevölkerungsdichte von 230 Einw./km²). Ca. 29% der Bevölkerung lebt in den Städten. Das jährliche Bevölkerungswachstum beträgt 3%, die durchschnittliche Lebenserwartung 51 Jahre. 65% der pakistanischen Bevölkerung spricht Punjabi, 22% Sindhi, 7% Urdu und 2,5% Belutschi. Dazu kommen bengalische und dravidische Minderheitengruppen sowie über eine Million afghanische Flüchtlinge, welche hauptsächlich im Nordwesten Pakistans leben.

2.2. Sprache

Pakistan ist ein Vielvölkerstaat mit entsprechend verschiedenen Sprachen. In drei der vier Provinzen ist Urdu Amtssprache, im Sind ist es das Sindhi. Englisch wird zudem als Staatssprache anerkannt, wird aber nur von einer gebildeten Oberschicht der Bevölkerung gesprochen. Punjabi, die Muttersprache der Bevölkerungsmehrheit, gilt nicht als Staatssprache. Literary languages of the Northwest Quelle: The Cambridge Encyclopedia of India, Pakistan, Bangladesh, Sri Lanka, Editor: Francis Robinson, Cambridge University Press 1989

2.3. Religion

Die Religionsfreiheit ist gemäss Verfassung gewährleistet. Der Einfluss des Islams ist jedoch prägend: Fast 98% der Bevölkerung sind Moslems, davon etwa 80% Sunniten und 20% Schiiten. Die Ahmadis, eine sunnitische Sekte, welche in Pakistan schätzungsweise zwei Millionen Mitglieder zählt, wurden 1974 offiziell zu "Nicht-Moslems" erklärt. Von den übrigen religiösen Minderheiten machen die Hindus und die Christen je etwa ein Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Die restlichen Glaubensgemeinschaften, wie die Buddhisten, Parsen, Sikhs, etc. weisen lediglich einige zehntausend Mitglieder auf.

2.4. Schul- und Bildungswesen

Pakistan kennt keine allgemeine Schulpflicht und gehört bezüglich Ausbildung mit 76% Analphabeten im internationalen Vergleich zu den Schlusslichtern. Besonders betroffen von der Bildungsmisere sind die Frauen. Das unzureichende staatliche Bildungssystem wird zunehmend von einem Wildwuchs religiös-islamischer Privatschulen konkurrenziert. Die Hochschulen kämpfen mit grossen finanziellen Schwierigkeiten. Der Lehrbetrieb wird oft durch gewalttätige Auseinandersetzungen der verschiedenen, meist bewaffneten, Studentenorganisationen gestört, welche um die Vorherrschaft an den jeweiligen Ausbildungsstätten kämpfen.

2.5. Medizinische Infrastruktur

Die medizinische Versorgung ist vorab im Umkreis von städtischen Zentren gewährleistet. Für die Bewohner entlegener Gebiete, aber auch für die Angehörigen der Unterschicht ist der Zugang für eine adäquate medizinische Versorgung kaum gegeben. Der Staat ist zwar ständig um Verbesserungen im medizinischen Bereich bemüht (Impf- und Aufklärungskampagnen, Ausbau der Gesundheitszentren und Ambulatorien), deren Umsetzung wird aber oft durch bürokratische Unzulänglichkeiten behindert.

3. Frau und Familie

Die Frauen in Pakistan sind in vielfacher Hinsicht benachteiligt. Zwar gilt es, bezüglich des Rollenverständnisses der Frau starke schichtspezifische und regionale Unterschiede zu beachten: Die gesellschaftlichen Verhaltensmuster der städtischen Mittel- und Oberschicht etwa lassen sich keinesfalls mit den Gepflogenheiten auf dem Lande oder gar in den Stammesgebieten gleichsetzen. Dennoch sind die Frauen aufgrund der Suprematie der geltenden islamischen Rechtsprechung (Scharia), welche sich auf eine konservativ-patriarchalische Tradition stützt, klar diskriminiert. Sie sind demgemäss dem Manne untergeordnet und ihr Tätigkeitsbereich sollte sich ausschliesslich auf den familiären und häuslichen Bereich beschränken. Sie können sich, im Gegensatz zum Mann, kaum von sich aus scheiden lassen. Die Zeugenaussage einer Frau vor Gericht ist nur halb so viel Wert wie die eines Mannes. Diese rechtliche Benachteiligung der Frauen hat im Bereich der islamischen Strafrechtsverordnung (Hadud), und dort insbesondere bei der sogenannten ‘Zina' (Vergehen wegen Unzucht), fatale Auswirkungen: So müssen beispielsweise vergewaltigte Frauen, welche Anzeige erstatten, unter Umständen selber mit einer Strafverfolgung wegen ausserehelichem Geschlechtsverkehr, welcher als gravierendes Zina-Vergehen gilt, rechnen und zwar mit schlechten Aussichten, falls sie einen männlichen Zeugen gegen sich haben. Es kommt auch immer wieder vor, dass missliebige Ehefrauen oder Töchter aufgrund fadenscheiniger Zina-Vorwürfe von Angehörigen im Gefängnis landen. Mittlerweile haben sich in Pakistan mehrere Frauen- und Menschenrechtsvereinigungen gebildet, welche sich für eine Verbesserung der Frauensituation einsetzen. Als bedeutende Organisationen seien hier das Women's Action Forum (WAF) und die War Against Rape (WAR) erwähnt, welche bereits auch gewisse Erfolge ihrer Bemühungen vorweisen können.

4. Medien

4.1. Nachrichtenagenturen

In Pakistan sind im nationalen Bereich sechs Agenturen tätig: Associated Press of Pakistan (APP); Independent News of Pakistan (in Urdu); National News Agency (NNA); News Network International; Pakistan Press International (PPI) und United Press of Pakistan (Pvt) Ltd (UPP). Die meisten internationalen Agenturen haben Büros in Islamabad oder Karachi.

4.2. Zeitungen und Zeitschriften

Seit dem Abgang von Zia ul-Haq ist die Pressefreiheit wieder gewährleistet. Zu den wichtigsten englischsprachigen Tageszeitungen gehören die Dawn und die Pakistan Times. Die Wochenzeitschrift The Friday Times pflegt einen ausgesprochen kritischen Journalismus. Einflussreiche Zeitungen in Urdu sind die Daily Jang, Nawa-i-Waqt, Imroze, Jasarat und Mashriq. Allein die Urdu-Presse kennt über 800 verschiedene Titel.

4.3. Radio

Die Pakistan Broadcasting Corporation ist verstaatlicht. Sie unterhält in sämtlichen grösseren Zentren ein Studio. Gesendet wird in 20 verschiedenen Sprachen und Dialekten. Das Radio liefert auch einen internationalen Service in den Sprachen Urdu und Englisch.

4.4. Fernsehen

Die Pakistan Television Corpn Ltd. ist verstaatlicht. Über das People's Television Network können aber auch internationale Programme wie CNN empfangen werden.

5. Wirtschaft

5.1. Volkswirtschaft

55% der Erwerbstätigen sind in der Landwirtschaft tätig, 16% in der Industrie. Wichtigste Exportgüter bilden Baumwollprodukte, Reis, Leder, Felle und Chemikalien. Als ökonomische Hauptprobleme gelten die hohe partielle Arbeitslosigkeit und das starke Bevölkerungswachstum. Militär und Schuldendienst beanspruchen ca. 70% des Staatshaushaltes. Die Landwirtschaft leidet unter der Tatsache, dass 77% der Bauern weniger als 5 ha Land besitzen. Dies verunmöglicht ein rentables und rationelles Bebauen des Bodens. Die Regierung ist bestrebt, die Privatindustrie zu fördern, verstaatlichte Betriebe zu reprivatisieren und die Landwirtschaft zu modernisieren. Der wachsende Wohlstand der herrschenden Schichten (Feudalherren, Verwaltung und Militär) basiert auf Milliarden an Entwicklungshilfe, hohen Heimüberweisungen pakistanischer Arbeitnehmer im Ausland, den rechtswidrigen Gewinnen aus dem blühenden Drogen- und Waffenhandel und der weitverbreiteten Korruption. Seit dem sowjetischen Rückzug aus Afghanistan und dem anschliessenden Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums sind die Unterstützungsgelder seitens der USA massiv zurückgegangen. Allein das Drogengeschäft bringt jedoch jährlich Milliardenbeträge an US-Dollars ein und ist mittlerweile zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des Landes geworden.

5.2. Beschäftigungssituation

Die Arbeitslosenrate wurde für 1992/93 offiziell nur mit 6,2% angegeben. Dafür lag die Rate der Unterbeschäftigten mit 20-35% recht hoch. Die Zahl der jährlich neu erfassten Erwerbspersonen entspricht mit etwa 3% dem Wachstum der Gesamtbevölkerung, wobei der Anteil der Frauen bei den Beschäftigten immer noch höchst marginal bleibt. Allerdings wird die Landwirtschaft, wo auch viele Frauen tätig sind, statistisch nicht erfasst. Die andauernden Unruhen in der Wirtschaftsmetropole Karachi, welche allein 60% des pakistanischen Volkseinkommens erwirtschaftet, wirken sich negativ auf das Investitionsklima und somit auch auf die Beschäftigungssituation aus. Insgesamt bleibt ein ungebrochen hoher Migrationsdruck bestehen.

5.3. Währung

1 pakistanische Rupie (pR) = 100 Paisa (Ps); 1 CHF = 30 pR (Stand November 1995).

6. Mobilität

6.1. Kommunikationsmittel

Pakistan wird seiner verkehrspolitischen Rolle als Einfallstor zum indischen Subkontinent kaum gerecht: Der andauernde Krieg in Afghanistan hat den Überlandverkehr nach Zentral- und Westasien fast zum Erliegen gebracht. Im Westen steigt das dünnbesiedelte und verkehrsabweisende iranische Hochland auf. Im Norden bietet der mit chinesischer Hilfe fertiggestellte Karakorum-Highway die Möglichkeit eines begrenzten Verkehrs von und nach Sinkiang. Die Grenze zum indischen Teil Kaschmirs ist seit dem ersten Krieg mit Indien (1947/48) als militärische Schutzzone hermetisch abgeriegelt. Nach Indien steht auf dem Landweg lediglich je eine Strassen- beziehungsweise Eisenbahnverbindung bei Lahore offen. Die Regierung bemüht sich, den Ausbau des Strassennetzes voranzutreiben, da der motorisierte Verkehr stark im Zunehmen begriffen ist. Das gesamte Strassennetz umfasst etwa 100'000 km, wovon gut die Hälfte einen ordentlichen Belag aufweist. Daneben wird auch die Luftfahrt vorangetrieben. Der internationale Personenverkehr - auch in die Nachbarstaaten - erfolgt vor allem von den dafür ausgebauten Flughäfen in Karachi, Islamabad/Rawalpindi, Lahore und Peshawar aus. Die staatliche Pakistan International Airlines (PIA) hat auch das Monopol für die Inlandflüge, für die insgesamt 24 Flugplätze zur Verfügung stehen. Demgegenüber wird die Eisenbahn eher vernachlässigt; das Streckennetz umfasst etwa 9'000 km. Es stammt noch grösstenteils aus der Zeit der britischen Herrschaft, verbindet aber immer noch die wesentlichen Bevölkerungszentren des Landes. Das meiste Rollmaterial ist jedoch veraltet, was nicht selten Ursache von Unfällen ist. Karachi besitzt den einzigen natürlichen Hafen an der Küste des arabischen Meeres und kann damit seine Bedeutung als Wirtschafts- und Handelsmetropole begründen. Wegen der unbeständigen Wasserführung der Flüsse gibt es keine nennenswerte Binnenschiffahrt.

6.2. Reisepapiere

Sowohl die Identitätskarte wie auch der Reisepass (grün mit Goldschrift) sind bei den zuständigen Amtsstellen - aber auch auf dem Schwarzmarkt - problemlos erhältlich. Perforierte Identitätskarten weisen darauf hin, dass für die betreffende Person ein Reisepass ausgestellt worden ist.

7. Regierung

7.1. Staatsoberhaupt

Der Staatspräsident von Pakistan wird durch die Mitglieder der Nationalversammlung, des Senats sowie der Provinzparlamente gewählt. Die Amtsdauer beträgt fünf Jahre. Seit dem 14.11.1993 ist Faruk Ahmed Leghari, ein ehemaliger Weggefährte von Benazir Bhutto, Amtsinhaber. Er löste den früheren Senatspräsidenten Wassim Sajjad ab, der das Amt am 18.7.1993, nach dem Rücktritt von Ghulam Ishaq Khan, interimistisch übernommen hatte. Unter der Militärdiktatur von Zia ul-Haq wurde das Amt des Staatspräsidenten im achten Verfassungszusatz von 1985 mit einer umfassenden Machtfülle ausgestattet. Am 1.4.1997 beschloss das Parlament mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, diesen Verfassungszusatz teilweise aufzuheben. Damit wurden die bisherigen Kompetenzen des Staatspräsidenten zugunsten der Positition des Regierungschefs erheblich eingeschränkt. Insbesondere kann der Staatspräsident künftig nur noch auf Weisung des Regierungschefs das Parlament auflösen.

7.2. Landesregierung

Am 5.11.1996 setzte Staatspräsident Leghari die Regierung von Benazir Bhutto, Führerin der Pakistan People's Party (PPP), der er Korruption, Missachtung des Rechts sowie Begünstigung von Menschenrechtsverletzungen vorwarf, ab und löste das Parlament auf. Eine neutrale Übergangsregierung unter Meraj Khalid führte am 3.2.1997 Wahlen durch. Der Wahlsieger Nawaz Sharif, Führer der Pakistan Muslim League (PML) wurde am 17.2.1997 als Regierungschef vereidigt.

8. Parlament

Das Bundesparlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Die Nationalversammlung setzt sich aus 217 Mitgliedern zusammen. 207 Sitze werden in direkter Volkswahl nach Majorzverfahren vergeben, das heisst, in jedem Wahlkreis erhält der Kandidat mit den meisten Stimmen das Mandat. Die restlichen zehn Sitze sind für nicht-moslemische Minderheiten reserviert, die ihre Abgeordneten gesondert wählen müssen. Früher waren noch zwanzig zusätzliche Sitze für Frauen reserviert gewesen. Diese Frauensitze wurden jedoch wieder abgeschafft. Eine Legislaturperiode der Nationalversammlung dauert fünf Jahre. Der Senat besteht aus 87 Mitgliedern, die jeweils für sechs Jahre von den Provinzparlamenten gewählt werden, wobei alle zwei Jahre ein Drittel neu zu bestellen ist. Die Kompetenzen des Senats sind gegenüber der Nationalversammlung eingeschränkt: Er kann beispielsweise bei Differenzen Gesetze zwar verzögern, indem er einen Entwurf zur Neubeurteilung an die Nationalversammlung zurückweist und eigene Empfehlungen zur Beurteilung abgibt; letztlich ist aber der Entscheid der Nationalversammlung massgebend.

9. Verwaltung

Pakistan besteht aus den vier Provinzen Punjab, Sind, Balutschistan und North West Frontier Province (NWFP) mit eigenen Parlamenten und weitgehenden Selbstverwaltungskompetenzen, die ihrerseits in Divisions (Kreise) und weiter in Districts (Bezirke) und Villages (Gemeinden) unterteilt sind. Neben den Provinzen existieren das Hauptstadtterritorium Islamabad und sechs Agencies (Stammesgebiete), die direkt der Bundesverwaltung unterstehen. Das nicht zum Staatsgebiet zählende Azad Kashmir (freies Kashmir) hat - allerdings eingeschränkt durch eine Bundesaufsicht - einen autonomen Status. Hauptübel der Verwaltung ist die weitverbreitete Korruption. Administrative divisions of Pakistan Quelle: The Cambridge Encyclopedia of India, Pakistan, Bangladesh, Sri Lanka, Editor: Francis Robinson, Cambridge University Press 1989

10. Wahlen

Die Wahlen vom 3. Februar 1997 brachten einen überwältigenden Wahlsieg für die Pakistan Muslim League (PML) von Nawaz Sharif. Das Wahlresultat für die Nationalversammlung sieht wie folgt aus (in Klammern die Wahlergebnisse vom 6. Oktober 1993 zum Vergleich): Wahlen Nationalversammlung 1997 1993 PML (Pakistan Muslim League) 134 (72) PPP (Pakistan People's Party) 17 (86) MQM (Mohajir Qaumi Movement) 12 ( - )* JIP (Jamaat-i-Islami Pakistan) -* ( 3) ANP (Awami National Party) 9 ( 3) BNP (Balochistan National Party) 3 ( 3) JWP (Jamhoori Watan Party) 2 ( 2) Unabhängige 20 (20) Übrige 8 (11) * Die MQM boykottierte die Wahlen von 1993. Die JIP boykottierte die Wahlen von 1997 Die PML war auch die eigentliche Wahlsiegerin - und die PPP entsprechend die Verliererin - der gleichzeitig stattfindenden Provinzratswahlen: Im Punjab, der wichtigsten Provinz, gewann die PML 211 Sitze, während die PPP, (welche bei den Wahlen für die Nationalversammlung im Punjab keinen einzigen Sitz gewinnen konnte), bloss zwei Mandate erhielt. Von den restlichen Sitzen gingen 22 an unabhängige Kandidaten und drei an kleine Splitterparteien. Auch in der Nord West Frontier Provinz behauptete sich die PML mit 31 Sitzen als stärkste Fraktion vor der regionalen ANP mit 28, der PPP mit vier und der islamistischen JUI(F) mit einem Sitz. Dazu erhielten Unabhängige elf und die übrigen Parteien zwei Sitze. In Balutschistan gewann die PML vier und die PPP einen Sitz. Die meisten Stimmen gingen hier an die Regionalparteien BNP mit zehn und JWP mit sechs Sitzen. Die JUI(F) erhielt fünf Mandate, während elf Sitze an Unabhängige und zwei an Vertreter der übrigen Gruppierungen gingen. Einzig im Sind konnte sich die PPP mit 34 Sitzen als stärkste politische Kraft behaupten, gefolgt von der Regionalpartei der indischen Einwanderer MQM mit 29, der PML mit 14 Sitzen und der NPP (National People's Party), eine Abspaltung der PPP, mit drei Sitzen. Die PPP(SB), die Splitterpartei des 1996 getöteten Bruders von Benazir Bhutto, gewann zwei Sitze. Elf Mandate gingen an Unabhängige Kandidaten und eines an eine der übrigen Gruppierungen.

11. Recht und Gerichtswesen

11.1. Recht

Das Zivilrecht wurde auf dem britischen Common Law und den Kolonialgesetzen aufgebaut. Für Familien- und Erbrecht dagegen gilt vorwiegend islamisches Recht (Scharia). Seit 1979 wurde auch das Strafrecht islamisiert und kennt sowohl die Todesstrafe als auch Körperstrafen. Keine Gesetzesbestimmung darf den Geboten und Vorstellungen des Islam zuwiderlaufen.

11.2. Ordentliche Gerichte

Bundesgericht ist der Supreme Court, während die High Courts die höchsten Gerichte der Provinzen bilden. Auf unterer Stufe amten die District Courts, an denen die Magistrates und die Session Judges tätig sind. Daneben existieren für die Behandlung des islamischen Rechts der Federal Shariat Court und die Shariat Courts.

11.3. Sondergerichte

Zur Behandlung von Sondererlassen können sog. Special Courts oder Ad-Hoc- und Acting Judges eingesetzt werden. So wurden aufgrund der im Juli 1991 vom Parlament an die Regierung übertragenen Sondervollmachten zur Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung (12th Amendment Bill) elf Schnellgerichtshöfe (Special Courts for Speedy Trial) eingerichtet. Diese sind jedoch mit Verfügung des Staatspräsidenten im Juli 1995 wieder aufgelöst worden. Nach wie vor in Funktion sind die Special Courts for the Suppression of Terrorist Activities. Diese sollen in beschleunigten Verfahren Fälle von schweren Verbrechen, Subversion und Terrorismus bekämpfen.

11.4. Militärgerichte

Seit der Aufhebung des Kriegsrechts beschränkt sich die Militärgerichtsbarkeit auf den unmittelbaren militärischen Disziplinarbereich.

12. Militär und Sicherheitsorgane

12.1. Militär

Die Armee ist eine entscheidende politische Kraft. In den Jahren 1958 (Ayub Khan), 1969 (Jahja Khan) und 1977 (Zia ul-Haq) haben die Armeechefs in einem Staatsstreich jeweils für längere Zeit die Macht übernommen. Auch unter den Zivilregierungen sind die zahlreichen Privilegien der Armee bisher unangetastet geblieben. Es ist die einzige Institution in Pakistan, die landesweit effizient funktioniert. Angesichts der gesellschaftspolitisch labilen Lage ist die Armee auch unter den Zivilregierungen als Ordnungsfaktor aktiv: So war sie vom Juni 1992 bis zum Dezember 1994 gemäss verfassungskonformem Auftrag im Sindh eingesetzt, um bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung mitzuwirken. Im Juli 1993 löste die Armee eine lähmende Staatskrise, indem sie sowohl den amtierenden Staatspräsidenten wie auch die Regierung zum Rücktritt zwang und eine Übergangsregierung einsetzen liess. Eine allgemeine Wehrpflicht existiert nicht. Die Berufsarmee zählt 450'000 Mann, aufgeteilt in Bodentruppen, Luftwaffe und Marine.

12.2. Polizei und Gendarmerie

An der Spitze steht der Inspector General of Police (IGP). Er ist der verantwortliche Polizeichef für die Provinz. Unter ihm folgt der Deputy Inspector General (DIG) usw. bis zum einzelnen Polizeiposten (Police Station), welcher vom Station House Officer (SHO) geführt wird. Dieser hat in der Regel den Rang eines Inspektors, mit drei Sternen als Rangabzeichen. Ihm sind die gewöhnlichen Polizisten (Foot Constables) unterstellt. In einigen Posten sind auch Detective Foot Constables (DFC) tätig. Für die Bekämpfung der Kriminalität ist allgemein die Criminal Investigation Agency (CIA) zuständig. Die Zentralregierung unterhält parallel zu der provinzweise organisierten Polizei die Federal Investigation Agency (FIA), welche ihrerseits mit eigenen Einheiten (sogenannten Special Branches) in den Provinzen aktiv ist. Schliesslich gibt es die Airport Security Force (ASF), eine Spezialpolizei, welche ausschliesslich für die Sicherheit auf den Flughäfen zuständig ist.

12.3. Milizen

In Pakistan sind folgende paramilitärischen Kräfte im Einsatz: Nationalgarde, Rangers, Grenzschutz und Küstenwacht. Diese erreichen einen Bestand von insgesamt 164'000 Mann. Daneben gibt es aber auch zahlreiche private, bewaffnete Gruppen. Einflussreiche Persönlichkeiten und Stammesführer verfügen in der Regel über eine eigene Schutztruppe. Nebst dem organisierten Verbrechen unterhalten auch viele religiöse und politische Organisationen eigene bewaffnete Einheiten, welche teilweise sogar besser ausgerüstet sind als die Polizei.

12.4. Geheimdienste

In Pakistan sind verschiedene Geheimdienste aktiv. Im Zusammenhang mit dem Krieg in Afghanistan konnte sich vor allem der Armeegeheimdienst Inter Service Intelligence (ISI) eine einflussreiche Position sichern.

13. Inhaftierung und Strafvollzug

Festgenommene Personen müssen nach Gesetz innerhalb von 24 Stunden dem Haftrichter vorgeführt werden. Ihnen steht ferner das Recht auf Haftbeschwerde zu. Die meisten Gerichte sind auch bemüht, diesen Grundsätzen Nachachtung zu verschaffen. Dennoch werden in der Praxis die gesetzlichen Vorschriften von der Polizei immer wieder missachtet. Die Haftbedingungen richten sich in der Regel nach der sozialen Stellung der einzelnen Gefangenen. In den Gefängnissen werden denn auch offiziell drei Kategorien unterschieden: Die Kategorie A ist den prominenten Leuten vorbehalten. Sie geniessen in der Regel zahlreiche Privilegien und ihre Haftbedingungen sind daher allgemein zufriedenstellend. Dies gilt auch in eingeschränktem Masse für die Häftlinge der Kategorie B. Prekär ist die Situation jedoch für die Gefangenen der Kategorie C, die Masse der einfachen Leute. In dieser Kategorie können vom Schwerverbrecher bis zum kleinen Parteiaktivisten oder gar zum Minderjährigen die unterschiedlichsten Typen zusammengelegt sein. Die Häftlinge müssen meist in überfüllten Zellen leben und sind auch häufig der Willkür des Aufsichtspersonals ausgesetzt. Reformbemühungen im Gefängnisbereich werden immer wieder angekündigt, aber kaum je umgesetzt.

14. Allgemeine Menschenrechtssituation

Nach dem Abgang des Diktators Zia ul-Haq (am 17.8.1988) trat eine grundlegende Verbesserung der Menschenrechtssituation ein: Freie Betätigung der politischen Parteien, Pressefreiheit, demokratische Wahlen, Wiederzulassung der Studentenorganisationen, Freilassung der politischen Gefangenen. Anderseits ist aber eine Überlagerung der Politik durch Gewalt und kriminelle Tendenzen nicht zu übersehen. Die Polizei ist allgemein schlecht ausgebildet, korrupt und gewalttätig: Gefangene werden oft misshandelt. Im letzten Jahr sind mehrere Todesfälle während der Polizeihaft bekannt geworden. Schuldige Polizisten werden nur in Ausnahmefällen zur Rechenschaft gezogen. Opfer von Polizeiwillkür sind in erster Linie die sozial Schwächsten, darunter vor allem auch Frauen, während besser gestellten Personen durchaus die Möglichkeit offen steht, zu ihrem "Recht" zu kommen. Problematisch bleibt die gesetzliche Diskriminierung der Ahmadis, welchen es unter Strafandrohung verboten ist, sich als Moslems zu bekennen (Art. 298 des pakistanischen Strafgesetzbuches). In seinem Urteil vom 3. Juli 1993 bestätigte das Oberste Gericht (Supreme Court) diese Gesetzesbestimmungen als verfassungskonform. Gegen Ahmadis - wie auch gegen Angehörige anderer religiöser Minderheiten - sind zudem mehrere Verfahren wegen Prophetenbeleidigung (Art. 295-C) eingeleitet worden, bei welchen die Todesstrafe droht. Da es sich bei den meisten Fällen offensichtlich um missbräuchliche Anzeigen seitens fanatischer Moslems handelt, ist die Regierung bestrebt, diesen Artikel zu reformieren, trifft dabei aber auf den erbitterten Widerstand der zahlreichen islamistischen Parteien und Gruppierungen.

15. Politische und religiöse Bewegungen

Es gibt eine Vielzahl von Parteien und Gruppierungen, welche oft noch unter sich in Fraktionskämpfe verstrickt sind, so dass sich die Parteienlandschaft ständig in Bewegung befindet. Politisch relevant sind jedoch nur Parteien, welche in der Lage sind, Vertreter ins Parlament zu bringen. Deshalb
schliessen sich die Parteien oft zu Zweckbündnissen zusammen, die in der Regel aber nicht lange bestehen. Die wichtigsten politischen Parteien sind:

- Pakistan Muslim League (PML): Sie wurde 1947 als Nachfolgeorganisation der ‘All India Muslim League' gegründet und versteht sich als eigentliche Staatspartei Pakistans. Ideologisch versucht sie, den säkularen Staatsgedanken im Einklang mit der Lehre des Islams zu verwirklichen. Die Partei erlebte bereits mehrere Spaltungen: 1979 in die Pagara- (war pro-Zia) und die Chatta- beziehungsweise Qasim-Gruppe. 1988 spaltete sich die Pagara-Gruppe in die Fida-(Zia-Loyalisten) und die Junejo-Gruppe. Die Junejo-Gruppe spaltete sich ihrerseits im Mai 1993 in die Nawaz-Fraktion (PML-N) unter der Führung von Nawaz Sharif sowie die Junejo-Fraktion unter Nazir Hamid Chatta auf, wobei letztere nach den Wahlen vom Februar 1997 politisch praktisch bedeutungslos geworden ist. Die PML ist zwar im ganzen Land verankert; ihre eigentliche Machtbasis liegt jedoch im Punjab, wo sie vor allem in den Städten stark ist. Als Regierungspartei steuert die PML einen pragmatisch westlich orientierten Kurs. Die Studentenorganisation der PML nennt sich Muslim Student Federation (MSF).

- Pakistan People's Party (PPP): Im Jahre 1967 vom Grossgrundbesitzer Zulfikar Ali Bhutto als gemässigt sozialistisch ausgerichtete Partei gegründet, mit dem programmatischen Slogan: "Unsere Religion heisst Islam, unsere politische Ordnung heisst Demokratie, unser Wirtschaftssystem heisst Sozialismus."

Die Machtbasis der Partei liegt im Sind, wo die Familiendynastie der Bhuttos beheimatet ist. Vorsitzende der Partei ist Benazir Bhutto, welche das Land bereits zweimal vom Dezember 1988 bis August 1990 und vom Oktober 1993 bis November 1996 als Premierministerin regierte und beide Male durch den jeweiligen Staatspräsidenten wieder entmachtet wurde. Die Partei ist vom feudalistischen Stil der Bhuttos geprägt: Alle wichtigen Parteiposten werden gegen entsprechende Loyalität von der Parteiführerin vergeben. Basisdemokratische Parteiwahlen wurden zwar immer wieder in Aussicht gestellt, jedoch bis anhin noch nie durchgeführt. Das Zentralkomitee, in welchem die Vorsitzende die wichtigsten regionalen Parteiführer um sich versammelt, funktioniert als Entscheidgremium der Partei. Gemäss feudaler Gepflogenheit wirken sich familieninterne Zwistigkeiten der Bhuttos unmittelbar auf die Partei aus: So machte der Bruder von Benazir, Murtaza Bhutto, nach seiner Rückkehr im November 1993 aus dem Exil in Damaskus - wohin er sich der Strafverfolgung im Zusammenhang mit seiner Funktion als Führer der militanten Al Zulfikar Organisation (AZO) entzogen hatte - seinen Anspruch auf die Parteiführung geltend und wurde dabei zunächst von der Mutter, Nusrat Bhutto, unterstützt. Der Streit drehte sich insbesondere auch um die Rolle von Asif Zardari, dem einflussreichen Ehemann von Benazir Bhutto, der im Volk als ausserordentlich korrupte Persönlichkeit bekannt ist. Murtaza organisierte seine Anhänger in der PPP(SB) (SB steht für Shahid Bhutto), blieb damit aber gegenüber der Mutterpartei klar in der Minderheit. Murtaza wurde am 20.9.1996 von der Polizei in Karachi erschossen. Seine hinterbliebene Frau, Ghinwa Bhutto, übernahm danach die Führung der PPP(SB). Der PPP sind auch eigene Organisationseinheiten von Frauen, Berufsverbänden und Gewerkschaften angegliedert. Die Studentenorganisation der PPP nennt sich People's Student Federation (PSF), der Jugendflügel People's Youth Organisation (PYO).

- National People's Party (NPP): Wurde am 30.8.1986 als Abspaltung von der PPP gegründet. Hat nur wenig Mitglieder und kein erkennbares eigenständiges Profil. Der prominenteste Führer ist Ghulam Mustafa Khar.

- Jamaat-i-Islami Pakistan (JIP): Wurde im Jahre 1941 vom sunnitischen Pseudogelehrten Abu l'A la al-Maududi als internationalistisch ausgerichtete islamisch-fundamentalistische Kaderpartei gegründet. Die JIP war von allem Anfang an aktiv am Kriegsgeschehen in Afghanistan beteiligt und bietet auch direkte Unterstützung für die islamistischen Sezessionisten im indischen Teil von Kaschmir. Ideologisch der Heilsfront in Algerien verwandt, will die JIP Pakistan in einen islamischen Gottesstaat umwandeln. Sie kandidierte bei den Wahlen im Oktober 1993 unter dem Wahlbündnis Pakistan Islami Front (PIF), schnitt aber, trotz eines populistisch geführten Wahlkampfes, ausgesprochen schlecht ab. Bei den Wahlen vom Februar 1997 zog es die JIP vor, gar nicht erst anzutreten. Im Umfeld der JIP gibt es zahlreiche militante Sekten, die sich teilweise gegenseitig bekämpfen. Vorsitzender der JIP ist Amir Qazi Hussain Ahmad. Die Studentenorganisation der JIP, die Islami Jamiat-i-Talaba (IJT), gilt als die am besten organisierte Bewegung an den Hochschulen.

- Mohajir Qaumi Movement (MQM): (Auch: Mohajir Qaumi Mahaz = Nationalbewegung der Mohajirs), diese wurde 1986 gegründet. Die MQM vertritt die Interessen der nach der Teilung von 1947 aus Indien eingewanderten Bevölkerung (Mohajirs), welche mittlerweile die Grossstädte im Sind anteilmässig dominiert. Hier liegt denn auch die Machtbasis der MQM. Eine zentrale Forderung ist die Anerkennung der Mohajirs als eigenständige Nationalität. Die MQM weist mit ihrem ausgeprägten Führerkult um die charismatische Figur von Altaf Hussain offensichtliche faschistoide Züge auf. Dieser setzte sich 1992 nach London ab, von wo aus er seine Organisation dirigiert. Gegen ihn und weitere prominente Führer der Partei sind mehrere Strafverfahren im Zusammenhang mit Kapitalverbrechen hängig. Als sich im Juni 1992 der Armee-Einsatz zur Verbrechensbekämpfung im Sind direkt auch gegen die MQM richtete, gingen die meisten Parteikader vorübergehend in den Untergrund. Die MQM boykottierte im Oktober 1993 die Wahlen in die Nationalversammlung, nahm aber an den Provinzratswahlen teil und wurde mit 27 Sitzen zweitstärkste Partei im Sind. Die abgespaltene Haqiqi-Gruppe, MQM(H), welche die Unterstützung aus Geheimdienstkreisen geniesst, konnte sich politisch nicht durchsetzen, liefert sich aber bis heute einen blutigen Machtkampf mit der Mutterpartei in Karachi. Während der Regierungszeit von Benazir Bhutto (1993 bis 1996) gingen die Ordnungskräfte massiv gegen die bewaffneten Aktivisten der MQM vor und begingen dabei auch gravierende Menschenrechtsverletzungen. Nach den Wahlen vom Februar 1997 schloss die MQM ein Zweckbündnis mit der PML und beteiligte sich an der Regierung im Sind. Die Studentenorganisation der MQM nennt sich All Pakistan Mohajir Students Organisation (APMSO). Altaf Hussain liess die Partei im Juli 1997 offiziell in Muttahida Qaumi Movement (Vereinte Nationale Bewegung) umbenennen.

- Jamaat-i-Ulema-i-Islam (JUI): Vereinigung von Ulemas (Schriftgelehrte) des Islams. Sunnitische Fundamentalistenpartei welche aus der Schultradition der Deobandis hervorgegangen ist und das demokratische Mehrparteien-System billigt. Die Partei wird von Maulana Fazlur Rehman geführt. Eine Fraktion steht unter dem Einfluss von Maulana Abdullah Darkhwasti.

- Anjuman Sipah-i-Sahaba (ASS): (Soldaten der Prophetengefährten) Ist eine extremistisch-militante Abspaltung der JUI, welche vor allem im Punjab aktiv ist. Die ASS will, dass die Schiiten zu ‘Nicht-Moslems' erklärt werden und führt einen bewaffneten Kampf gegen Exponenten und Einrichtungen der schiitischen Glaubensgemeinschaft. Sie gilt als hauptverantwortliche Organisation für den seit Jahresbeginn 1997 eskalierenden Sektenkrieg zwischen Sunniten und Schiiten im Punjab. Der Führer, Maulana Ziaur Rehman Faruqui, wurde am 18.1.1997 bei einem Bombenattentat in Lahore getötet und dessen Stellvertreter, Maulana Azam Tariq, schwer verletzt. Die Mordkommandos der ASS sind unter dem Namen Lashkar-i-Jhangvi bekannt und werden von Riaz Basra geführt.

- Jamaat-i-Ulema-i-Pakistan (JUP): Gemässigte sunnitische Partei, welche aus der Schultradition der Barelvis hervorgegangen ist. Sie ist vor allem in den städtischen Zentren im Sind verankert. Die wichtigsten Führer sind Shah Ahmed Noorani, Maulana Nasrullah Khan und Maulana Abdus Sattar Khan Niazi.

- Islami Jamhoori Mahaz (IJM): Vorübergehende Allianz zwischen der JUI und der JUP mit der konzeptionellen Idee eines Ausgleichs zwischen den Deobandis und den Barelvis, den beiden wichtigen sunnitischen Glaubensschulen in Pakistan.

- Mutahida Deeni Mahaz (MDM): Eine Allianz von kleinen sunnitischen Sekten mit der JUI-Fraktion von Samiul Haq sowie der ASS.

- Tehrik-i-Jafaria Pakistan (TJP): Nannte sich früher Tehrik-i-Nifaz-i-Fiqh-i-Jafaria (TNFJ) (Bewegung für die Anwendung der schiitischen Rechtsprechung). Interessenvereinigung der Schiiten, welche sich 1987 als Partei konstituierte. Vorbild ist der islamische Gottesstaat wie er im Iran verwirklicht wurde. Vorsitz: Sajid Naqvi. Studentenorganisation: Imamia Students Organisation (ISO).

- Sipah-i-Muhammad Pakistan (SMP): Militanter Ableger der TJP, welcher für zahlreiche Anschläge gegen Sunniten und ihre Einrichtungen verantwortlich ist. Das im Punjab gelegene Niaz Beg gilt als Hochburg der Bewegung. Der Führer Allama Murid Abbas Yazdani wurde am 12.9.1996 in Rawalpindi ermordet. Danach galt Ghulam Raza Naqvi als der starke Mann in der Organisation.

- Milli Yakjethi Council (MYC): Im März 1995 gegründete Plattform der verschiedenen islamistischen Parteien und Gruppierungen, darunter namentlich auch der JIP, JUP, JUI und TJP, mit dem Ziel, eine politisch schlagkräftige, fundamentalistisch-islamische Einheitsfront zu erreichen. Der MYC versuchte bisher vergeblich, den Kampf zwischen militanten Sunniten und Schiiten beizulegen.

- Awami National Party (ANP): 1986 aus einem Zusammenschluss von vier Linksparteien entstanden. Hat nur in der Nord-West-Frontier-Provinz Bedeutung. Ist gegen das grosse Kalabagh-Staudammprojekt und gegen die Unterstützung der Mujahedins in Afghanistan. Ist bereits Koalitionsvereinbarungen mit der PPP und der PML eingegangen. Vorsitzender: Wali Khan.

- Jamhoori Watan Party (JWP): Typische Regionalpartei in Balutschistan unter der Führung des einflussreichen Stammesfürsten Nawab Akber Bugti.

- Pakhtoonkwa Milli Awami Party (PMAP): Ebenfalls eine Regionalpartei in Balutschistan, welche die Interessen der Paschtunen vertritt. Vorsitzender: Mahmud Khan Achakzai.

Parteien in Azad Kaschmir: Auch in diesem machtpolitisch von Islamabad abhängigen Gebilde, herrscht eine stark zersplitterte Parteienlandschaft vor. Hier befinden sich auch Zentren von zahlreichen Organisationen, welche - unterstützt vom pakistanischen Armee-Geheimdienst (ISI) - den ‘Befreiungskampf' in dem von Indien besetzten Teil Kaschmirs führen. Erwähnenswert sind:

- Muslim Conference (MC): Sie ist von der PML abhängig und weist die längste Regierungstätigkeit in Azad Kaschmir auf. Sie verlor jedoch die Parlamentswahlen vom 30.6.1996, worauf der bisherige Premierminister Sardar Abdul Qayyum sein Amt verlor. Der zweite starke Mann in der Partei, Sardar Sikandar Hayat Khan, wurde am 12.8.1996 durch einen Misstrauensantrag im Parlament als Präsident von Azad Kaschmir abgesetzt.

- Azad Jammu Kashmir People's Party (AJKPP): Sie ist der örtliche Ableger der PPP. Mit Unterstützung der Regierung in Islamabad gelangte die Partei 1996 in Azad Kaschmir an die Macht. Premierminister wurde Barrister Sultan Mahmud Chaudhary und Staatspräsident Sardar Mohammad Ibrahim Khan.

- Jammu Kashmir Liberation Front (JKLF): Die Organisation wurde 1965 als Befreiungsorganisation gegründet, mit dem Ziel, die vollständige Unabhängigkeit des Gebietes des ehemaligen Fürstentums Kaschmir zu erlangen. In diesem Sinne nimmt die Organisation nicht direkt an den parteipolitischen Auseinandersetzungen in Azad Kaschmir Teil, sondern ist in erster Linie im Befreiungskampf in Indien engagiert. Als Vorsitzender amtiert Gründungsmitglied Amanullah Khan. Die Organisation ist jedoch mindestens in drei Fraktionen gespalten. In Pakistan sind bis anhin keine asylrelevanten Verfolgungsmassnahmen gegenüber der JKLF bekannt geworden.

Quelle: Asien: Kleines Nachschlagewerk. Herausgeber: Roland Felber,
Diethelm Weidemann, Dietz Verlag, Berlin, 1987

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