Ferencz K in L gegen den Bescheid des Bundesministers

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Ferencz K in L gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1991, Zl. 4.308.219/2-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsbürger und Angehöriger der ungarischen Minderheit, reiste am 18. Jänner 1991 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 21. Jänner 1991 einen Asylantrag. Bei seiner niederschriftlichen Befragung in Traiskirchen am 24. Jänner 1991 gab er unter anderem an, am 10. März 1991 (richtig wohl: 1990) in Gheorgheni an einer Kundgebung teilgenommen zu haben, bei der die Forderung nach ungarisphen Schulen in Rumänien erhoben worden sei. Man habe ihn deshalb einem Polizeiverhör unterzogen und habe er dabei eine Ohrfeige bekommen. Die Frage, ob der Beschwerdeführer als Angehöriger der ungarischen Minderheit "Probleme gehabt habe", ist auf Seite 4 der zitierten Niederschrift weder mit ja noch mit nein beantwortet.

Der Beschwerdeführer gab weiters an, er sei mit Ende 1990 aus seiner gehobenen beruflichen Position als Warenkontrollor entfernt worden und hätte nur mehr als einfacher Arbeiter tätig sein können. In dem Werk, in dem er beschäftigt gewesen sei, sei nach der Revolution ein "reiner Rumäne" Chef geworden und hätten Beschäftigte, die der ungarischen Minderheit angehörten, ihre "besseren Positionen" verloren. An die Stelle des Beschwerdeführers sei ein Rumäne gesetzt worden, der überhaupt nicht die erforderlichen Fähigkeiten und Prüfungen besessen habe.

Im April 1990 seien bei einem Schachturnier in Constanta jugendliche Spieler geschlagen worden, weil man gehört habe, daß sie ungarisch sprachen.

Mit Bescheid vom 25. Jänner 1991 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich fest, daß beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. 1 Abschn. A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 idF BGBl. 78/1974 nicht zutreffen.

Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung, als Angehöriger der ungarischen Minderheit "sehr große Schwierigkeiten mit der Polizei gehabt zu haben".

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und sprach aus, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes.

Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid substantiell damit, der Beschwerdeführer habe im gesamten Verwaltungsverfahren keine Umstände glaubhaft gemacht, die objektiv die Annahme rechtfertigen könnten, daß er sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befinde und nicht gewillt sei, sich wieder unter dessen Schutz zu stellen. Das Recht auf Arbeit, Wohnung etc., ohne daß durch eine Verweigerung dessen die Lebensgrundlage entzogen werde, sei kein geschütztes Rechtsgut im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Dies gelte umsomehr dann, wenn der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Wohnung vom Heimatstaat nicht adäquat verursacht und daher diesem nicht zurechenbar sei. Die Nachteile, die der Beschwerdeführeir seinen Angaben zufolge wegen seines Verhöres im März 1990 und der Zugehörigkeit zur ungarischen Minderheit zu tragen gehabt habe, stellten keinen derart gravierenden Eingriff in seine Grundrechte dar, um dem in der Flüchtlingskonvention angesprochenen Sachverhalt zugrunde gelegt werden zu können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (AsylG), in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschn. A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls BGBl. Nr. 78/1974 erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschn. C oder F der Konvention vorliegt. Art. 1 Abschn. A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Pflicht zur, Begründung eines Bescheides ist nach herrschender Ansicht eines der wichtigsten Erfordernisse eines rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4 Anm. 4 zu § 60 AVG). Nach der ständigen hg. Judikatur muß die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet hat. Des weiteren muß aus der Begründung des Bescheides hervorgehen, ob die Behörde die Grundlage ihrer Entscheidung in einem einwandfreien Verfahren gewonnen hat und ob die von der Behörde gezogenen Schlüsse den Gesetzen folgerichtigen Denkens entsprechen (vgl. die bei Hauer-Leukauf a.a.O. unter ENr 6 zu § 60 AVG referierte hg. Judikatur).

Kern der Beschwerdeausführungen zum Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ist der Vorwurf, die belangte Behörde habe überhaupt keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen und damit ihrer Begründungspflicht nicht entsprochen.

Diesem Vorwurf kommt Berechtigung zu. Die belangte Behörde hat auf das Vorbringen des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Befragung vom 24. Jänner 1991 nur indirekt im Rahmen ihrer Rechtsausführungen Bezug genommen, keinesfalls aber entsprechend dem Gebot des § 60 AVG die Ergebnisse der niederschriftlichen Befragung des Beschwerdeführers klar und übersichtlich zusammengefaßt. Hätte die belangte Behörde dies getan, dann hätte sie nicht umhin können, zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer ausdrücklich angegeben hat, im Zuge des Polizeiverhörs wegen der Kundgebung betreffend die Forderung nach ungarischen Schulen in Rumänien eine Ohrfeige erhalten zu haben, also einer körperlichen Mißhandlung ausgesetzt gewesen zu sein. Im Zusammenhang mit den weiteren Darlegungen des Beschwerdeführers über auch nach der Revolution stattfindende Benachteiligungen der ungarischen Minderheit in Rumänien, ist es daher nicht auszuschließen, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des aufgezeigten Verfahrensmangels zu einiem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (vgl. die bei Hauer-Leukauf a.a.O. unter ENr 29 und 30 zu § 60 AVG referierte hg. Judiaktur).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl.

Nr. 104/1991.

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