IM NAMEN DER REPUBLIK!

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. September 1990, Zl.4. 301.252/2-III/13/90, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgrühde:

Dem durch vorgelegte Ausfertigungen sowohl des angefochtenen Bescheides als auch der erstinstanzlichen Erledigung belegten Beschwerdevorbringen zufolge hat der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, die Erledigung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 10. September 1990, mit der festgestellt worden war, beim Beschwerdeführer lägen im Sinne des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126 (AsylG), die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die insbesondere auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erblickt den Grund für die geltend gemachte Rechtswidrigkeit darin, daß der erstinstanzliche Bescheid nicht die leserliche Beifügung des Namens des Unterfertigenden aufweise.

Die belangte Behörde hat trotz gebotener Gelegenheit zu diesen Beschwerdeausführungen kein Vorbringen erstattet und lediglich darauf verwiesen, daß der Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid auch eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof eingebracht habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung (§ 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG) erwogen:

Der für die Beurteilung des Beschwerdefalles maßgebliche § 18 Abs. 4 AVG in der von den Behörden noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 357/1990 hatte folgenden Wortlaut:

"Alle schriftlichen Ausfertigungen müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebener Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Bei telegraphischen, fernschriftlichen oder vervielfältigten Ausfertigungen genügt die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung."

Die Erledigung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 10. September 1990, Zl. FrAR - 657/90, die dem Beschwerdeführer zugestellt worden ist, trägt zwar die Bezeichnung "Bescheid", weist aber am Schluß lediglich eine unleserliche Paraphe mit dem Beisatz: "Für den Sicherheitsdirektor:" auf. Es handelt sich hiebei um eine unter Verwendung eines Formulars, aber offensichtlich nicht im Wege automationsunterstützer Datenverarbeitung ausgefertigte Erledigung. Solche Formularerledigungen müssen aber gemäß der zitierten Gesetzesstelle entweder die Unterschrift des Genehmigenden unter leserlicher Beifügung des Namens oder die Beglaubigung der Kanzlei aufweisen.

Diesen Anforderungen wird die erstinstanzliche Erledigung nicht gerecht, weil sie lediglich eine unleserliche Paraphe, nicht aber die leserliche Beifügung des Namens des Genehmigenden und auch keine Beglaubigung der Kanzlei enthält. Damit ist aber jedenfalls eines der für Bescheide geltenden essentiellen Formerfordernisse nicht erfüllt, sodaß die erstinstanzliche Erledigung als "Nichtbescheid" zu werten ist. Die vom Beschwerdeführer gegen diese Erledigung erhobene Berufung wäre daher von der belangten Behörde als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Entscheidet eine Berufungsbehörde auf Grund einer Berufung, die sich gegen einen gar nicht erlassenen Bescheid richtet, in der Sache selbst, anstatt die Berufung zurückzuweisen, so ist der Berufungsbescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet, weil die Zuständigkeit der Berufungsbehörde nur soweit reicht, das Rechtsmittel wegen dessen Unzulässigkeit zurückzuweisen (vgl. hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. Mai 1968, Slg. NF Nr. 7357/A).

Der angefochtene Bescheid mußte somit schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104 über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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