Bayerischer Verwaltungsgericht Ansbach, Beschluss vom 21. Januar 1991-Nr. AN 13 K 90 40643

Bayrisches Verwaltungsgericht Ansbach

Beschluss vom 21. Januar 1991

X gegen

1.         die Bundesrepublik Deutschland - Beklagte zu 1) -

X gegen

2.         den Freistaat Bayern - Beklagter zu 2) -

IM NAMEN DES VOLKES

In der Verwaltungsstreitsache

vertreten durch den Bundesminister des Innern in Bonn, dieser vertreten durch den Präsidenten des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Zirndorf; beteiligt: Bundesbeauftragter für, Asylangelegenheiten, Zirndorf vertreten durch die Landesanwaltschaft Ansbach wegen Asylrechts (225-07726-90), Ausreiseaufforderung u. Abschiebungsandrohzng erläBt das Bayer. Verwaltungsgericht Ansbach - 13. Kammer folgendes

URTEIL

1.         Der Bescheid des Landratsamtes Starnberg vom 25.9.1990 wird aufgehoben.

Im übrigen werden die Klagen abgewiesen.

2.         Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 2/3 und der Beklagte zu 2) 1/3 zu tragen.

3.         Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1958 geborene Kläger ist äthiopischer StaatsangehörIger eritreischer Volkszugehörigkeit. Er reiste im September 1985 aus seinem Heimatland aus und am 5.4.1989 in das Bundesgeblet ein, wo er am 19.7.1990 Asylantrag stellte. Zur Person ist er durch einen am 22.9.1989 von der äthiopischen Botschaft in Bonn ausgestellten Reisepaß ausgewiesen.

In einem Schreiben vom 27.12.1989 in deutscher Sprache gab der Kläger an, bis 1985 in Addis Abeba als Lehrer gearbeitet zu. haben. Er sei dann nach Nairobi/Kenia zu einem Hote lmanagementstudium und anschließend zu einem Praktikum nach München gegangen, das im.Oktober 1989 zu Ende gewesen sei. Sein Vater sei in der Zeit von Kaiser Haili Selassi Generaldirektor des Informationsministeriums für die Region Erltrea gewesen. Nach der Revolution habe er keine Arbeitser laubnis mehr bekommen. Er sei mehrfach aufgefordert worden, die Revolution aktiv zu unterstützen, aber als gläubiger Christ habe er es abgelehnt. 1987 sei er Willkürlich verhaftet und für etwa zwei Jahre ohne Anklage und Gerichtsverfahren in Haft gehalten worden. Sie hätten keimen Kontakt zu ihm gehabt und ihm nur Essen bringen gürfen. Während der Haft sei sein Vater oft gefoltert worden, als Folge davon sei er halbseitig gelähmt. Seine beiden älteren Brüder hätten die EPLF unterstützt, indem sie Geld für die Organisation gesammelt und Flugblätter vertelit hätten. Der eine sei 1973 verhaftet und 1976 bei einem Angriff der EPLF auf das Gefängnis befreit worden. Er sei jetzt kämpfendes Mitglied dieser Befrelungsbewegung Der andere sei kurz vor der Entlassung seines Vaters verhaftet und ins Sembel-Gefängnis gebracht worden. Von ihm hätten sie bis heute nichts mehr erfahren. Sein jüngster Bruder sei auch ein Anhänger der EPLF gewesen. Er lebe in Kanada und sei dort als politischer Flüchtling anerkannt. Seine Schwester sei 1981 verhaftet worden und etwa eineinhalb Jahre iang im Gefängnis gewesen. Sie sei angeklagt worden, die EPLF mit Papieren zu versorgen aber vom Gericht fretgesprochen worden. Wegen der Folterungen während ihrer Haft könne sie keine Kinder mehr bekommen. Kurz nach der Revolution seien Mitglieder der EPLF in die Schule gekommen und hätten über die Befreiung Eritreas gesprochen. Es habe Diskussionen über Politik und über den Kommunismus gegeben und Streiks seien organisiert worden. Die EPLF habe auch Schüler als, Mitglieder für ihre Organisation rekrutiert. Während dieser Zeit habe der Kläger Interesse daran bekommen und ist beigetreten. Jeweils fünf Personen haben eine Zelle gebildet. Sie hätten Geld für den bewaffneten Kampf gesammelt und Flugblätter mit Parolen der EPLF verteilt. Ihr Ziel sei ein freies und sozialistisches Eritrea gewesen. Im Jahr 1980 habe sein Vater zu ihm gesagt, daß der Kiäger nach Addis Abeba gehen solle, weil er in Asmara in Gefahr sei. Der Kläger sei nach Addis Abeba gefahren, um an der Universität zu studieren. Hier sei eine Unterstützung der EPLF nicht mehr möglich gewesen, weil alles vom Staat überwacht worden sei. Immer wieder habe er zu Meetings gehen müssen, die vom Regime veranstaltet worden seien und bei denen man sich die Propaganda und Lügen der Regierung habe anhören müssen. Der Kläger habe die Hoffnung auf eine Besserung verloren, sei immer stärker gegen den Kommunismus eingestellt gewesen und habe sich immer mehr der katholischen Kirche zugewandt. Er habe sich dann für die Ausbildung im Hotelgewerbe entschieden, eine Ausbildung abgelegt und nach Nairobi gehen können. Dort habe er wieder Kontakt zu Mitgliedern der EPLF gefunden, die zum Teil in Kenia als Flüchtlinge anerkannt gewesen seien. Während der Hungerkatastrophe 1985 hätten sie Geld zur Unterstützung der Bevölkerung in Eritrea gesammelt. Sie hätten Seminare zur Information über die Situation in ihrer Heimat organisiert und Videofilme dazu vorgeführt. 1988 sei einer der äthiopischen Vizpräsidenten Emmanuel Amder Michael zu einem Besuch nach Kenia gekommen. Die äthiopischen Studenten seien in die Botschaft zu einem Treffen mit ihm eingeladen worden. Er habe zuerst eine der bekannten Propagandareden gehalten. Dann seien Fragen erlaubt gewesen. Diese Fragen hätten aber vorher mit dem Diskussionsleiter abgestimmt werden müssen. Nach dieser Schau hätten sie aber offen mit ihm reden wollen und hätten ihn aufgefordert, zu bleiben. Als er gesagt habe, daß er keine Zeit mehr hätte wegen weiteren Terminen, hätten sie protestiert und den Mitgliedern des Podiums zugerufen, daß sie lügen würden. Die Protestierer seien von regimetreuen Teilnehmern der Versanmlung notiert worden. Anfang 1989 sei der äthiopische Präsident Mengistu zu den Feiern wegen der 25 jährigen Unabhängigkeit Kenias gekommgn. Er habe wieder ein Meeting mit den äthiopischen Bürgern in Nairobi befohlen. Dabei er ein neues Programm der Regierung vorgestellt, mit dem angeblich in Eritrea Frieden geschaffen werden sollte. Das Land sollte in zwei Gebiete mit mehr Autonomie aufgeteilt werden, nämlich ein Gebiet im Hochland Eritreas und eines im Tiefland. Dies sei nach seiner Propaganda die Lösung der Probleme in Eritrea. In Wirklichkeit habe er die Bevölkerung aufspalten wollen, um danach leichter den Kampf zu gewinnen. Dies hätten sie gleich, erkannt und einer habe ihm zugerufen. daß er einen neuen Bürgerkrieg provozieren wolle. Ein anderer Student habe ihm vorgehalten, daß er immer behaupte, die Eritreer würden ihr Land an Araber verkaufen, während er selber Äthiopien an Rußland verkaufe. Dabei habe es viel Beifall der anderen Eritreer gegeben. Mengistu habe geantwortet, er kämpfe für den Sozialismus und wolle nur das Beste für die Bevölkerung. Während der ganzen Veranstaltung seien sie mit Videokameras und von den Kadern (Parteimitgliedern) überwacht worden. Nach dem Ende der Ausbildung sei der Kläger zu einem Praktikum in die Bundesrepublik Deutschland gekommen. In München habe er Kontakt mit Mitgliedern der EPLF gehabt. Das Praktikum habe ein halbes Jahr lang gedauert. Er habe sich dann um Einreise zu seinem Bruder nach Kanada bemüht. Zu diesem Zweck seien seine Aufenthaltserlaubnisse und die Gültigkeit seines Passes noch einmal verlängert worden. Nachdem er eine Ablehnung von der kanadischen Botschaft erhalten habe, stelle er jetzt Asylantrag. Er fürchte bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung durch das Regime und eine Gefährdung seiner Freiheit und seines Lebens, da seine Unterstützung der EPLF spätestens durch die Aktivitäten in Kenia den äthiopischen Behörden bekanntgeworden sei.

Bei seiner Anhörung am 19.7.1990 im Rahmen der Vorprüfung beim Bundesamt gab der Kläger an, bei der Ausländerbehörde vollständige und wahrheitsgemäße Angaben gemacht zu haben. Das Schreiben in deutscher Sprache sei von einem Mitarbeiter von ai gefertigt und dem Kläger auch rückübersetzt worden. Zur Einreise habe er seinen früheren äthiopischen Paß benutzt, der hier im Bundesgebiet abgelaufen sei. Man habe ihm in der äthiopischen Botschaft in Bonn aber einen neuen Paß ausgehändigt. Nach seiner Ausreise 1985 sei er nicht mehr nach Äthiopien zurückgekehrt. Ausgereist sei er mit seinem abgelaufenen äthiopischen Reisepaß. Mit seinen Ausweisen habe er zu keiner Zeit Schwierigkeiten gehabt. Genau habe er Äthiopien am 27.9.1985 verlassen. Das Studium in Kenia habe dreieinhalb Jahre gedauert. Ein anschließendes Praktikum habe er vom 5.4. bis Oktober 1989 in Deutschland abgelegt. Den Asylantrag habe er erst im Januar gestellt, weil er ursprünglich nach Kanada habe auswandern wollen. Der Kläger bezog sich weiter auf seinen bisherigen ausführlichen Asylvortrag. Er habe ein Stipendium erhalten, weil der Leiter seines Instituts Mitglied in dem Komitee gewesen sei, das die Stipendien vergeben habe. Er habe den Kläger favorisiert. Ansonsten hätten nur Parteimitglieder und solche Leute ein Stipendium bekommen. Dieser Institutsleiter soll sich später nach Schweden abgesetzt haben und dort Asylantrag gestellt haben. Kurz nachdem er in Kenia angekommen sei habe er seine Landsleute getroffen und wieder Kontakt zur EPLF aufgenommen. Er habe in Kenia an Versammlungen teilgenommen, Gelder beigetragen, so viel er gekonnt habe. Die Gelder habe er gespendet oder auch gesammelt. Beispielsweise seien bei Veranstaltungen Geld gesammelt oder etwa Eintritt erhoben worden. Die Versammlungen seien eine Art Heimattreffen der Eritreer gewesen. Sie hätten beispielsweise in Kirchen stattgefunden. Aus dem Kampfgeblet seien Eritreer zu ihnen gekommen und hätten sie über die Fortschritte in Eritrea unterrichtet. Sie hätten ihnen Videos gezeigt. Als die Hungerkatastrophe damals gewesen sei und die Welt Äthiopien geholfen habe, aber nicht Eritrea, hätten sie gespendet. Das Treffen mit dem äthiopischen Vizepräsidenten habe Mitte.1988 stattgefunden. An der Diskussion hätten etwa 100 bis 150 Leute teilgenommen. Der Vizepräsident habe klarstellen wollen, wie die Gründung der Partei vor sich gehe. Nachdem er vorgetragen habe, seien ein oder zwei Leute aus der Masse aufgestanden und hätten Fragen an ihn gerichtet, wIe.er sich das so vorgestellt habe. Dann aber seien auch andere Leute aufgestanden, die von der Katastrophe, d.h. vom Bürgerkrieg, dem Hunger im Land selbst betroffen gewesen seien. Das habe ihm nicht gepaßt. Er habe die Fragen nicht beantworten wollen. Er habe gesagt, er habe keine Zeit. Da seien Rufe aus der Menge laut geworden, wie etwa "Du Lügner, gib uns Antwort". Normalerweise werde ja dem Redner geklatscht, wenn er fertig sei. Sie hätten aber den, Leuten geklatscht die, so gerufen hätten. Dann sei der Vizepräsident gegangen. Sie hätten auch den Saal ohne Schwierigkeiten verlassen können. Manche von den Leuten, die die Rufe losgelassen hätten, kenne der Kläger, die anderen nicht. Solange sie in Kenia lebten, habe diesen Leuten nichts geschehen können. Mengistu habe Kenia ungefähr im Dezember 1988 besucht. Er sei zu den Feierlichkeiten des 25 jährigen Jubiläums der Unabhängigkeit Kenias gekommen. Dieses Treffen habe in der äthiopischen Botschaft stattgefunden. Das sei ein großer Saal gewesen, der vollgefüllt gewesen sei. Der Kläger könne nicht genau sagen, wie viele Leute dort gewesen seien. Jeder von ihnen sei persönlich geladen gewesen. Bei der äthiopischen Botschaft liege eine Liste, die die Nummern der Pässe enthalte. Nach dieser Liste seien sie geladen worden. Mengistu habe nun wie üblich propagiert. Diesmal habe er ihnen auch noch einen neuen Plan vorgelegt, wie das Problem in Eritrea zu lösen sei. Das Tiefland und das Hochland von Eritrea sollten voneinander getrennt werden. Es habe einen Zwischenfall gegeben. BeispielsWeise sei einer von ihnen, ein Eritreer aufgesprungen und habe gerufen "Du sagst immer die Eritreer würden ihr Land an die Araber verkaufen. In Wirklichkeit hast Du es schon längst an die Russen verkauft!" Sie seien daraufhin aufgestanden und hätten applaudiert. Dem Regime sei auch vorgeworfen worden, daß die Äthiopier erst von der Hungerkatastrophe durch das Ausland erfahren hätten. "Während Millionen von Menschen verhungert seien, habt Ihr Eure Revolution propagiert", habe einer gesagt. Danach sei nichts geschehen. Die Versammlung habe sich ganz normal aufgelöst. Auf Frage, was er bei einer Rückkehr befürchte, gab der Kläger an, einerseits seien bei der ersten Versammlung die Protestierer von regimetreuen Teilnehmern notiert worden und bei der zweiten Versammlung seien sie von Videokameras überwacht worden. Das sei der eine Punkt. Außerdem hätten Mitglieder der Kader der äthiopischen Partei mit ihnen studiert und alles beobachtet und verfolgt, was sie getan hätten. Zu diesem Treffen in der äthiopischen Botschaft seien sie gegangen, weil sie eine Chance gesehen hätten, den Machthabern gegenüber zu treten. Sonst hätten sie aber monatlich bei der schaft erscheinen müssen. Dort sollten politische. Schulungen abgehalten werden. Aber der Kläger sei nie dort hingegangen. Auf Frage, nach irgendwelchen Konsequenzen gab der Kläger am daß er Angst gehabt habe, daß ihm der Paß nicht verlängert werben würde und er das Studium nicht beenden könnte. Wenn er jetzt mach Äthiopien zurückkehren würde, würde er inhaftiert und grausam behandelt werden. Auf Frage nach einer Betätigung für die EPLF im Bundesgebiet, gab der Kläger an, daß er sich mit anderen Eritreern und Leuten treffe, die an Eritrea Interesse hätten und zwar in einer lutherischen Kirche in München. Dies seien die gleichen Treffen wie in Kenia. Diese Treffen würden von der EPLF ausgerichtet.

Mit Entscheidung vom 13.8.1990 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab. Aus dem Vorbringen des Klägers angäben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, daß er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatstaates aufhalte oder bei Rückkehr mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen müsse. Daß der Kläger das in seiner Heimat herrschende Regime ablehne und dies u.a. durch seine Sympathie für die EPLF auch kundgetan habe, genüge allein noch nicht für eine Asylerlangung. Es habe nach seinem Vorbringen zu keiner Zeit Maßnahmen und Absichten äthiopischer Behörden gegen ihn gegeben, obwohl sein Verhalten den entsprechenden Stellen bekanntgeworden sei. Vielmehr sei dem Kläger die Möglichkeit eines Auslandsstudiums geboten worden, das er trotz seiner Aktivitäten in Kenia mit einem Praktikum im Bundesgebiet habe beenden dürfen. Gleichzeitig sei der Reisepaß des Klägers regulär verlängert worden und zwar in der Bundesrepublik sogar erneuert. Dies alles deute darauf hin, daß die äthiopische Regierung zu keiner Zeit beabsichtigt habe, den Kläger wegen asylreievanter Merkmale zu verfolgen. Dem stehe auch nicht entgegen, daß der Institutsleiter, der den Kläger bei der Vergabe des Studiums in Kenia gefördert habe, schließlich in Schweden einen Asylantrag gestellt haben soll. Dies müßte den äthiopischen Behörden wie auch dem Kläger seit 1986 bekanntgewesen sein. Auswirkungen auf den Kläger hätten sich jedoch nicht gezeigt. Soweit er seine behauptete Verfolgungsfurcht auf Maßnahmen gegenüber seinem Vater und seinen Geschwistern stütze, könne sich dieses Vorbringen schon deshalb nicht asylbegründend auswirken, weil nur eine gegen ihn selbst gerichtete Verfolgungsmaßnahme für sein Asylbegehren bedeutsam sein könne. Gegen die behauptete Verfolgungsfurcht spreche auch der Umstand, daß der Kläger bereits seit April 1989 im Geltungsbereich des Asylverfahrensgesetzes gewesen sei und erst nach Abschluß seiner Ausbildung und Ablehnung seines Weiterwanderungsantrags nach Kanada einen Asylantrag gestellt habe. Die Erfahrung zeige aber, daß sich tatsächlich Verfolgte in der Regel unmittelbar nach ihrer Einreise in das Zuf luchntsland den dort mit Asylangelegenheiten befaßten Stellen offenbaren. Auch Nachfluchtgründe stünden dem Kläger nicht zur Seite. In Ermangelung von Vorfluchtgründen könnte eine Bestrafung bei Rückkehr allein wegen Asylantragstellung und illegaler Ausreise nicht zum begehrten Asyl führen. Im übrigen werde Art. 17 B äth. StGB in Äthiopien nich angewandt. Auch die seitens des Klägers vorgelegten Beweisunterlagen könnten nicht zu einer anderen Beurteilung des Asylbegehrens führen, da objektive Anhaltspunkte und Erkenntnisse gegen die behauptete Verfolgungsgefahr sprächen.

Mit Bescheid vom 25.9.1990 forderte das Landratsamt Starnberg den Kläger zur Ausreise spätestens bis einen Monat nach unanfechtbarer Ablehnung des Asylbegehrens auf und drohte die Abschiebung an. Die Entscheidung wurde auf § 28 AsylVfG gestützt, dessen Voraussetzungen vorliegen würden.

Die Bescheide wurden dem Kläger mit PZU durch Niederlegung beim Postamt Starnberg 1 am 2.10.1990 zugestellt.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29.10.1990, eingegangen am 31.10.1990, ließ der Kläger gegen die genannten Bescheide Klage erheben und beantragen, den Bescheid des Bundesamts vom 13.8.1990 und den Bescheid des Landratsamtes Starnberg vom 25.9.1990 aufzuheben und die Beklagte zu 1) zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustelle, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.

Der Kläger sei vorverfolgt, da er in Kenia als regimekritischer Student aufgefallen sei und sich daher in einer latenten Gefährdungslage befunden habe. Auch stehe die jüngste Entwicklung in Äthiopien einer Anerkennung nicht entgegen. Neben der objektiven Änderung der Lage sei die positive Feststellung erforderlich, daß den Kläger im Fall einer verfolgungsfreien Rückkehr mehr als ein Dahinvegetieren am Rand des Existenzminimums erwartet, nämlich die Möglichkeit, die Folgen seiner politischen Verfolgung und Flucht positiv zu beseitigen. Solange ein Vorverfolgter in die Situation des Elends zurückkehren müsse, lebe sein Fluchtschicksal fort. Insoweit seien die bei der Internen Fluchtalternative entwickelten Grundsätze anwendbar. Da Eritrea rechtlich gegenwärtig keinen selbständigen Staat bilde und in sämtlichen Landesteilen Äthiopiens größte Not herrsche, sei eine inländisch Fluchtalternative zu verneinen. Dieser Gedanke habe auch in § 16 Abs. 1 S. 2 AsylVfG Niederschlag gefunden. Jedenfalls seien Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung rechtswidrig.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Mit Schreiben vom 10.7.1991 wurde eine Auskunft des Auswärtigen Amtes und des Instituts für Afrika-Kunde eingeholt, die am 26.9. bzw. 10.10.1991 erteilt wurde. Mit Beschluß vom 8.11.1991 wurde der Rechtsstreit nach vorheriger Anhörung der Beteiligten auf den Einzelrichter übertragen. Mit Schreiben vom 26.11.1991 wurde den Beteiligten mitgeteilt, welche Auskünfte sachkundiger Stellen, Berichte und Gerichtsentscheidungen in das Verfahren eingeführt werden. Wegen des Verlaufs und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung vom 21.1.1992 wird auf die Sitzungsniederschrift und wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf die Gerichtsakte und die belgezogenen Behördenakten Bezug Genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet, soweit sie sich gegen den Bescheid des Landratsamtes Starnberg vom 25.9.1990 richtet. Dagegen ist der Bescheid des Bundesamtes vom 13.8.1990 jedenfalls im Ergebnjs rechtmäßig und verletzt nicht die Rechte des Klägers. Ebenso ist die Verpflichtungsklage auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG unbegründet.

Nach Art. 16 Abs. 2 S. 2 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Sie werden auf Antrag in dem gesetzlich vorgesehenen Verfahren als Asylberechtigte anerkannt. Allgemein liegt dem Asylgrundrecht die von der Achtung der Unverletzlichkeit der Menschenwürde bestimmte Überzeugung zugrunde, daß kein Staat das Recht hat, Leib, Leben oder die persönliche Freiheit des Einzelnen aus Gründen zu gefährden oder zu verletzen, die allein in seiner politischen Überzeugung, seiner religiösen Grundentscheidung oder in für ihn unverfügbaren Merkmalen (sog. asylerhebliche Merkmale) liegen, die sein Anderssein prägen (BVerfG, D. v. 1.7.1987, Band 76, 143). Eine Verfolgung ist dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an die vorgenannten asylerheblichen Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn, in ihrer Intensität nach aus. der übergreifendeln Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, B. v. 10.7.1989, InfAuslR 90, 21). Asylrechtlichen Schutz genießt somit jede Person, die sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität und Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will (BVerwG, U. v. 8.11.1983, NVwZ 84, 182), sofern sie nicht. bereits in einem anderen Staat Schutz vor Verfolgung i.S.d. § 2 Abs. 1 und 2 AsylVfG gefunden hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung, ob einem Asylsuchenden politische Verfolgung droht, ist der Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung (BVerfG, B. v. 2.7.1980, Band 54, 341), wobei es zum Nachweis asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes ausreicht, daß sie glaubhaft gemacht werden (BVerwG, U. v. 18.4.1985, BayVBl. 85, 567). Begründet ist die Furcht vor Verfolgung im Heimatstaat dann, wenn einem Asylsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Einzelfalles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so daß ihm die Rückkehr dorthin nicht zumutbar ist. Dabei gelten unterschiedliche Maßstäbe je nachdem, ob der Asylsuchende seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt eingereist ist. Ist er vorverfolgt ausgereist und war ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates unzumutbar, so ist er asylberechtigt, wenn die fluchtbegründenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche Änderung fortbestehen. Hat er seinen Heimatstaat unverfolgt verlassen, so kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm aufgrund von beachtlichen Nachfluchttatbeständen politische Verfolgung droht (BVerfG, B. v. 10.7.1989, a.a.O.).ob eine zielgerichtete politische Verfolgung erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen (BVerfG. B. v. 10.7.1989,a.a.O.). Einem Asylbewerber der bereits einmal politische Verfolgung in seinem Heimatland erlitten hat, ist eine Rückkehr in seinen Heimatstaat nur dann zumutbar, wenn mehr als nur überwiegend wahrscheinlich ist, daß er im Heimatstaat vor Verfolgungsmaßnahmen sicher ist (BVerfG, B v. 2.7.1980, a.a.O.; BVerwG, U. v. 27.4.1982, NVwZ 83, 160). Eine Verfolgung durch politische Gruppierungen, die nicht die Staatsgewalt im Heimatland ausüben, kann als mittelbar staatliche Verfolgung einen Asylanspruch dann begründen, wenn der Heimatstaat nicht willens oder nicht in der Lage ist, den Betreffenden gegen Übergriffe Dritter zu schützen (BVerwG, U. v. 2.8.1983, NVwZ 83, 744; U. v. 26.7.1988, NVwZ 89, 69).

Nach den in das Verfahren eingeführten Auskünften sachkundiger Stellen stellt sich die allgemeine politische Situation in Äthiopien derzeit wie folgt dar: Äthiopien ist eine Volksrepublik. Staatspräsident war bis zu seinem Rücktritt und seiner Flucht über Kenia nach Simbabwe am 21.5. 1991 Halle Mariam Mengistu, der eine 14 jährige Gewaltherrschaft in Äthiopien führte, alle politischen Widersacher in blutigen Machtkämpfen ausschaltete, jegliche Opposition unterdrückte und 1984 die äthiopische Arbeiterpartei (WPE) als Einheitspartei gründete. Bereits in den 60 iger Jahren bildeten sich regionale Befreiungsbewegungen. So kämpfte die 1958 gegründete ELF (Eritrean Liberation Front) seit 1961 und unter Abspaltung im Jahr 1970 die EPLF (Eritrean People's Liberation Front) für die Unabhängigkeit der Provinz Eritrea. Für die Autonomie der Südprovinzen kämpfte die 1975 gegründete Befrelungsfront OLF (Oromo Liberation Front) der Oromos, der größten Ethnie Äthiopiens. Zur Befreiung der Provinz Tigre wurde 1975 die TPLF (Tigre People's Liberation Front) gegründet, die 1989 mit drei weiteren Rebellenorganisationen die EPRDF (Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front) bildete und dort maßgeblichen Einfluß behielt. Seit 30 Jahren herrschte somit in Äthiopien in mehr oder weniger großem Umfang Bürgerkrieg. Ende 1990 kam Mengistu in Folge umfangreicher militärischer Erfolge der Rebellenorganisationen immer mehr in Bedrängnis, und mußte schließlich zurücktreten und das Land verlassen. Es kam in London zu Friedensgesprächen zwischen den Nachfolgern Mengistus und den Rebellenorganisationen, wobei am 27.5.1991 ein Waffenstillstand vereinbart wurde. Mit dem Vorrücken der EPRDF in die Hauptstadt Addis Abeba vollzog sich die vollständige Machtübernahme durch die Rebellen. Der Führer der EPRDF, Meles Zenawi, wurde für die Übergangszeit zum Staatspräsidenten ernannt. Die EPLF gab ihrerseits die Bildung einer eigenen provisorischen eritreischen Regierung bekannt und kündigte für 1993 ein Referendum für die Unabhängigkeit Eritreas an. Vom 1. bis 5.7.1991 fand in Addis Abeba eine Nationalkonferenz statt, die eine Charta für die Übergangsperiode bis zum Inkrafttreten einer neuen Verfassung und allgemeinen Wahlen verabschiedete und ein Übergangsparlament einsetzte.

1.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamts ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, Art. 16 Abs. 2 S. 2 GG, § 51 Abs. 1 AuslG, § 113 Abs. 5 VwGO, da dem Kläger kein Asylrecht und kein Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AusIG zusteht.

Zwar hat der Kläger als Eritreer und Mitglied der EPLF unter dem Regime Mengistu selbst unmittelbar politische Verfolgung nicht erlitten. Ihm drohte jedoch aufgrund der von ihm geschilderten Vorfälle in Äthiopien aus den Jahren 1988 und 1989 unmittelbar politische Verfolgung, so daß er unter dem Druck der Verfolgung zwar nicht aus seinem Heimatland, aber aus dem unsicheren Drittland Kenia ausgereist ist. Aus diesem Grund ist der Kläger als Vorverfolgter anzusehen. Nach seinem glaubhaften Asylvorbringen, das in sich schlüssig, widerspruchsfrei und nicht gesteigert war, war der Kläger seit den Jahren 1974/75 Mitglied der EPLF als er als Schüler für diese Befreiungsbewegung rekrutiert wurde. Daß der Kläger zu diesem Zeitpunkt Jugendlicher war, steht dem nicht entgegen. Denn es ist gerichtsbekannt aus vergleichbaren Fällen, daß die EPLF Jugendliche und sogar Kinder zu ihren Diensten herangezogen hat. Dem Kläger wird auch geglaubt, daß er zusammen mit anderen anläßlich von Versammlungen des damaligen äthiopischen Staats- und Vizepräsidenten in den Jahren 1988 und 1989 in Kenia regimekritische Fragen gestellt und oppositionelles Verxxalten gezeigt hat. Es ist durchaus einsichtig, daß derartige regimekritische Leute vom damaligen Regime namentlich festgestellt, überwacht und verfolgt wurden. Zwar hat der Kläger in der mundlichen Verhandlung vom 21.1.1992 zugegeben, daß er von der äthiopischen Botschaft in Kenia weder ein Schreiben noch eine Mahnung bekommen hat und auch nicht zur Rückkehr nach Äthiopien aufgefordert worden war. Eine solche Aufforderung ist nach seinem Vorbringen aber auch nicht erforderlich gewesen. Vielmehr war es so, daß das Stipendium nur für zwei Jahre gewährt worden war und der Kläger nach Ablauf des Stipendiums nach Äthiopien ohnehin hätte zurüickkehren müssen. Aufgrund seiner Äußerungen und seines Verhaltens in Äthiopien befand sich der Kläger daher in einer asylrechtlich erhebelichen Zwangslage, die einen Charakter als Vorfluchttatbestand nicht dadurch verliert, daß die Flucht aus einem dem System des Heimatstaates des Klägers ideologisch verbundenen Drittstaat erfolgt (BVerwG, U. v. 4.12.1990, InfAuslR 91, 209 = DVBl. 90, 542 für den Fall einer zwangsweisen Umerziehung und Indoktrination im Drittstaat). Eine Verfolgung des Klägers hätte auch nicht den Bürgerkriegsgegner zum Ziel gehabt, sondern hätte an asylerhebliche Merkmale angeknüpft, nämlich die abweichende politische Überzeugung des Klägers, der sich für die EPLF und damit für ein selbständiges und unabhängiges Eritrea eingesetzt hatte.

Denn unter Anwendung des für Fälle der Vorverfolgung von der Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 27.4.1982, NVwZ 83, 160; U. v. 18.10.1983, NVwZ 84, 244; U. v.26.7.1988, NVwZ 89, 69) entwickelten sog. herabgeminderten Wahrscheinlichkeitsmaßstabs kann im gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt eine Wiederholung der geschilderten Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang kommt nämlich Veränderungen der politischen Verhältnisse im Verfolgerland besondere Bedeutung zu. Beispielsweise liegt auf der Hand, daß die Gefahr erneuter Verfolgung der Anhänger einer früheren Oppositionspartei, die Inzwischen zur Macht gelangt ist, regelmäßig gering einzuschätzen ist. Sind kein Anzeichen dafür vorhanden, daß die Veränderungen der politischen Verhältnisse lediglich vorübergehender, nicht gefestigter Natur sind, so kann die Wiederholungsgefahr von asylerheblichen Diskriminierungen mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Nicht entscheidend ist dagegen, daß der Asylbewerber künftig vor jeder denkbaren erneuten politischen Verfolgung sichersein kann. Ein solcher Maßstab wäre nicht an der die Zumutbarkeit der Rückkehr wesentlich bestimmenden Verfolgungsgefahr orientiert. Die Nachweiserleichterung für Verfolgte kommt dem Asylbewerber deshalb nur solange zu Gute, als der innere Zusammenhang zwischen erlittener Verfolgung und Asylbegehren nicht aufgehoben ist. Ein solcher Zusammenhang muß verneint werden, wenn die geltend gemachte Furcht vor Verfolgung keinerlei Verknüpfung mehr zu der früher erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung aufweist (BVerwG, a.a.O.).

Eine derartige auch auf absehbare Zeit zu treffende Zukunftsprognose (BVerwG, U. v. 31.3.1981, InfAuslR 81, 276) kann nach Auswertung der in das Verfahren eingeführten Auskünfte sachkundiger Stellen und Presseberichte hier getroffen werden. Das Asylvorbringen besteht hier darin, das frühere Regime Mengistu bekämpft bzw. dessen politische Gegner unterstützt zu haben und deshalb verfolgt gewesen zu sein bzw. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von Verfolgung bedroht worden zu sein. Dieser mögliche Asylgrund, der situationsbedingt ist und nicht an ein dauerhaftes Merkmal oder eine Gruppenzugehörigkeit anknüpft (BVerwG, a.a.O.; OVG Hamburg, U. v. 17.11.1980, InfAuslR 81, 103) kann aber mit der er forderlichen Sicherheit auf absehbare Zukunft ausgeschlossen werden. Der frühere Präsident mengistu und dessen Regime wurden ge stürzt. Mengistu trat am 21.5.1991 zurück und setzte starte über Kenia nach Simbabwe ab (Archiv der Gegenwart vom 6.6 1991 A 35714). Die führenden Repräsentanten des früheren Regimes flohen entweder ins Ausland oder wurden von den einrückenden Truppen der Rebellen inhaftiert (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16.7.1991). Dabei gab es lediglich im Bereich des Präsidentenpalastes noch größere Kampfhandlungen, wo sich regimetreue Truppenverbände sowie Einheiten der Präsidentengarde verschanzt hatten und am 3.6.1991 wurde die letzte noch von den Truppen des alten Regimes gehaltene wichtige Stadt Harrar ohne nennenswerten Widerstand genommen (Archiv der Gegenwart a.a.O.). Durch den militärischen Sieg der Befreiungsorganisationen hat sich ein vollständiger Machtwechsel ergeben (Auswärtiges Amt vom 10.10.1991). Eine erneute Machtübernahme Mengistus ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Auszuschließen. Zum einem hatte er in der Bevölkerung wenig Unterstützung, was den rapidem Verfall seiner Macht verständlich machte (Institut für Afrika-Kunde vom 26.9.1991, Lagebericht Auswärtiges Amt vom 16.7.1991). Zum anderen waren und sind sich noch alle Befreiungsorganisationen, so verschieden ihre regionalen Interessen auch sein mögen. in einem Punkt, nämlich dem Sturz des Regimes Mengistu einig. Die Machtverhältnisse in Äthiopien sind damit zu Lasten Mengistus völlig neu verteilt worden. Die Nordprovinz Eritrea wird gegenwartig nahezu ausschließlich von der EPLF kontrolliert. Dort wurde eine Übergangsregierung unter der Einparteienherrschaft der EPLF gebildet (Lagebericht Auswärtiges Amt vom 16.7.1991). In Eritrea ansässige Äthiopier wurden ausgewiesen (Lagebericht ai September 1991) und Grenzübergänge errichtet (ai vom 4.7.1991). Auf der Nationalkonferenz wurde der EPLF zugestimmt, innerhalb von zwei Jahren ein Referendum für die Unabhängigkeit durchzuführen (ai Lagebericht September 1991). Aufgrund dessen sprechen die Auskunftsstellen von einer gegenwärtig faktischen Selbständigkeit Eritreas. Die effektive Gebietshoheit kann der EPLF somit nichtabgesprochen werden. Eine gleichartige Stabilität gibt es im übrigen Äthiopien noch nicht. Zwar wurde eine Übergangsregierung unter maßgeblicher Beteiligung der EPRDF bei Rücksichnahme auf ethnische Minderheiten gebildet. Trotz der Zusammenarbeit zwischen EPRDF und OLF gibt es jedoch erhebliche Spannungem und heftige Vorwürfe, die vor und auch nach dem Sturz Mengistus zu bewaffneten Zusammenstößen in der Provinz Wollega im Westen geführt haben (Institut für Afrika - Kunde vom 26.9.1991). insoweit wird von einer fraglichen Stabilität der Zusammenarbeit gesprochen. Auch in diesem Gebiet ist jedoch eine Rückkehr Mengistus auszuschließen. Auch in ihren Programmen und politischen Erklärungen haben die Befreiungsbewegungen einen Schlußstrich unter das Regime Mengistu gezogen. So Wird der wirtschaftliche und soziale Wiederaufbau des Landes und seine politische Umgestaltung zu einer Föderation angestrebt. Die bei der Nationalkonferenz verabschiedete Charta sieht ein demokratisches Staatswesen und die Gewährung von Freiheits- und Menschenrechten vor (Auswärtiges Amt vom 10.10.1991). Entsprechendes gilt für die EPLF-Regierung in Eritrea mit dem besonderen Ziel einer international anerkannten Unabhängigkeit (Institut für Afrika - Kunde vom 26.9.1991).

Wenn nach alledem die Einschätzung der derzeitigen Lage in Äthiopien zwar noch schwierig ist, so erscheint doch aufgrund der geschilderten politischen Veränderungen zumindest sicher, daß der Nachteil des bisherigen Regimes entschieden ist, daß dieses Regime keine vernünftige Chance hat. die Macht zurückzuerobern und daß deshalb mit erneuten asylrech Maßnahmen, wie geschildert, bei einer Rückkehr nicht mehr gerechnet werden muß (VGH Baden-Württemberg, U. v. 26 6.1991, A 13 S 698/90).

Im übrigen wurden Asylgründe, die keine Verknüpfung mehr zu der möglichen früheren Verfolgung aufweisen, nicht glaubhaft gemacht. Insoweit gilt der herabgeminderte Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht (BVerwG, a.a.O.). Eine Verfolgung droht nach den im Verfahren zu tage getretenen Umständen des Falles mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nicht. Es kann daher asylrechtlich eine Rückkehr zu den politischen Freunden bzw. In das vom Reg ime Mengistu befreite Land zugemutet werden (Lagebericht Auswärtiges Amt vom 16.7.1991).

Eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit für Anhänger oder Sympathisanten der EPLF ist nach Auskunftslage nicht gegeben. Zwar beurteilt sich die Rückkehrsicherheit dieser Personengruppe nach der Auskunft des Instituts für Afrika-Kunde vom 26.9.1991 nach dem Verhältnis zwischen der provisorischen Regierung Eritreas und der Übergangsregierung in Äthiopien. Nach Auskunftslage ist es aber zu Konflikten bisher nicht gekommen. Sei der Nationalkonferenz im Juli 1991, bei der der Vorsitzende der EPLF als Vertreter anwesend war, wurden Einwände gegen das eritreische Selbstbestimmungsrecht verworfen. Vor allem die Organisationen der Oromos waren der Auffassung, daß die Eritrea-Frage nicht militärisch gelöst werden soll. Es soll kein Oromo mehr in einem fortgesetzten Bürgerkrieg sterben (NZZ vom 3.9.1991). Mittlerweile haben die provisorischen Regierungen Abmachungen über die Nutzung des Hafens von Assab als Freihafen getroffen (Auswärtiges Amt vom 26.8.1991 an OVG Rheinland-Pfalz). Die EPLF hat ihrerseits in einer einseitige n Erklärung noch vor der Nationalkonferenz ihre Bereitschaft bekundet, das Referendum über die Unabhängigkeit Eritreas unter internationale Kontrolle zu stellen und für zwei Jahre auszusetzen (Lagebericht Auswärtiges Amt vom 16.7.1991).

Der Kläger hat auch keinen Asylanspruch, weil er wegen der bekannten Hungerkrise in Äthiopien und Eritrea (ai vom 4.7. und September 1991, SZ vom 20.9.1991) bei seiner Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten könnte. Der Gesichtspunkt der ausweglosen Lage bzw. existenziellen Gefährdung spielt bei der inländischen Fluchtalternative (BVerfG, B. v. 22.3.1991, InfAuslR 91, 198 und BVerwG, U. v. 15.1.1991, NVwZ-RR 91, 442) eine. Rolle für die Frage ob dem Asylsuchenden ein Ausweichen im Verfolgerland zumutbar war. Dies setzt voraus, daß seine Flucht verfolgungsbedingt war. Etwas anderes hat aber dann zu gelten, wenn infolge der Änderung der Regierung kein Verfolgungszusammenhang mehr besteht und die ausweglose Lage - hier infolge der Hungerkrise - in keiner Weise verfolgungsbedingt ist. Im übrigen würden die Voraussetzungen einer inländischen Fluchtalternative nach der genannten Rechtsprechung sogar vorliegen, da Erltrea, wenn auch nicht völkerrechtlich, so doch faktisch, ein selbständiger, Staat ist, der hoheitliche Gewalt ausübt (ai a.a.O., Institut für Afrika-Kunde vom 26.9.1991) und auch die existenzielle Gefährdung durch die Hungerkrise in Äthiopien und Eritrea in etwa in gleicher Weise besteht (ai a.a.O., Institut für Afrika-Kunde a.a.O.). Die bestehende Hungerkrise ist daher nicht asylrechtlich, sondern ausländerbehördlich zu berücksichtigen.

2.

Der Kläger kann auch keine Verpflichtung der Beklagten zu 1) beanspruchen festzustellen, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Zwar umfaßt die gerichtliche Prüfung des Verpflichtungsbegehrens eines asylsuchenden Klägers das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG jedenfalls dann, wenn entweder der Bundesamtsbescheid nach dem 1.1.1991 erlassen wurde oder ein ausdrücklicher Antrag gestellt wurde, der als sachdienliche Klageerweiterung zulässig ist (BayVGH, U. v. 17.5.1991, NVwZ-RR 91, 514). Im vorliegenden Fall sind aber die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht erfüllt. Danach darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Nach den vorstehenden Ausführungen ist dies nicht der Fall, weil das. bekämpfte Regime Mengistu gestürzt wurde und eine politische Gegnerschaft zu den nunmehrigen Machthabern in Äthiopien nicht besteht. Nach dem Asylvorbringen wurde auch nicht die Zugehörigkeit zu einer Organisation geltend gemacht, für die die Auskunftsstellen (Institut für Afrika-Kunde vom 26.9.1991, Lagebericht ai vom September 1991) keine Rückkehrsicherheit annehmen. Eine Rückkehr ist daher aus politischen Gründen nicht unzumutbar. Nach Auskunftslage sind auch Spannungen und Konflikte zwischen den provisorischen Regierungen mit der hier erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten.

3.

Der angefochtene Bescheid der Ausländerbehörde ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO, weil dem Kläger ungeachtet seines Asylantrags der Aufenthalt zu ermöglichen ist, § 28 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG.

Zum einen ist maßgebend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Ausreiseaufforderung und Ahschiebungsandrohung der Zeitpunkt des Bescheidserlasses (BVerwG, U. v. 4.12.1990, NVwZ 91, 792 ständige Rechtsprechung). Zum anderen obliegt der Ausländerbehörde lediglich eine beschränkte Prüfungspflicht. Der danach maßgebende Erkenntnisstand bezüglich des Vorhandenseins asylunabhängiger Aufenthaltsgründe ergibt sich vorrangig aus dem Inhalt der der Ausländerbehörde vorliegenden Akten, den Ausführungen im ablehnenden Bescheid des Bundesamtes und den Kenntnissen, die sie von Amts wegen allgemein, etwa über die Verhältnisse im Heimatland des Asylbewerbers hat. Ereignisse und Umstände, über die der Ausländerbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung keine liquiden Erkenntnisse zur Verfügung gestanden haben, weil sie ihr entweder nicht zur Kenntnis gelangt oder aber erst nach Erlaß der Verfügung eingetreten sind, können im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Verfügung nach § 28 AsylVfG daher keine entscheidungserhebliche Bedeutung gewinnen. Auch bei dieser eingeschränkten Prüfungspflicht ist aber zu beachten, daß die Ausländerbehörde nicht sehenden Auges eine aufenthaltsbeendende Maßnagme treffen darf, die humanitären Gründen zuwiderläuft (BVerwG, a.a.O.).

Hier wurde der Bescheid der Ausländerbehörde vom 25.9.1990 am 2.10.1990 zugestellt.

Zu diesem Zeitpunkt herrschte in Äthiopien noch Bürgerkrieg.

Hierzu führt das Auswärtige Amt im Lagebericht vom 2.1.1991 folgendes aus: "Die militärische Lage hat sich nach den von der EPLF Anfang des Jahres durchgeführten Offensiven um Massawa und den Gegenschlägen der Regierung in der Region Eritrea mit Einsetzen der Regenzeit auf einem für die EPLF vorteilhaften Niveau stabilisiert. Die Auseinandersetzungen im südlichen Einflußbereich (Welo und Nordschoa) der TPLF hörten zwar nie völlig auf, blieben aber nach anfänglichen Zugewinnen der TPLF insgesamt auf einem Stand, der für die Regierung Mengistu keine bedrohlichen Ausmaße annahm. Die Attacken anderer Splittergruppen wie der OLF brachten vielen Unschuldigen Leid und Elend und wurden mit teils brachialischer Gewalt durchgeführt. Geländegewinne erzielten diese Gruppen weder militärisch noch politisch. Seit Spätsommer des Jahres gab es keine größeren militärischen Operationen mehr."Das Institut für Afrika-Kunde führt in der Auskunft vom 29.1.1991 aus: "Seit dem 31.1.1988 befindet sich das äthiopische Regime offiziell im Zustand des inneren Krieges. Von diesem Tag datiert der Beschluß zur Generalmobilmachung. Das Regime sieht sich zwei Hauptgegnern gegenüber, in Eritrea der EPLF und in den Regionen Tigray, Wollo und Gondar der EPRDF. Andere bewaffnete Organisationen wie die OLF haben ein sehr viel geringeres milltärisches Potential. Militärische Rückschläge, die Einsicht, daß ein militärischer Sieg über die EPLF wie über die EPRDF nicht zu erreichen ist und die negative Wirtschaftsentwicklung, die zu einem erheblichen Teil auf die Kosten der Kriegführung zurückzuführen ist, waren die Hauptauslöser des gescheiterten Putschversuches hoher Offiziere vom 16.5.1989. Da der wichtigste Waffenlieferant, die Sowjetunion, eine drastische Reduzierung der Militärhilfe ab 1991 ankündigte und zugleich die USA und die Europäische Gemeinschaft, von denen ein großer Teil der Nahrungsmittel- und Wirtschaftshilfe stammt, auf eine Beilegung der Konflikte drängten, sah sich das Regime zur Aufnahme von Verhandlungen mit der EPLF und der TPLF gezwungen. Die Gespräche mit der EPLF endeten bereits im November 1989, die mit der TPLF wurden im März 1990 abgebrochen. Ebenso wie in der Eritrea-Frage ist eine baldige politische Lösung der bewaffnet ausgetragenen Konflikte in Äthiopien nicht zu erwarten. Die weitere Eskalation der Kampfhandlungen, die von der EPRDF bis in den Norden der Zentralregion Schoa vorgetragen wurden, hat zwei weitere Generalmobilmachungen im Oktober 1989 und im Juni 1990 notwendig gemacht. Mit Hilfe der Miliz konnte die Regierungsarmee ein weiteres Vordringen der EPRDF nach Süden, in Richtung auf die Hauptstadt Addis Abeba zwar vorerst blockieren, jedoch keine entscheidende Wende zu ihren Gunsten herbeiführen. Da weder die Regierungsarmee noch die EPRDF in der Lage scheinen, einen militärischen Sieg zu erreichen, zugleich keine Seite ernsthafte Kompromißbereitschaft zeigt, ist mit einem Fortdauern der Kämpfe zu rechnen." Und weiter: "Die EPLF konnte in den vergangenen drei Jahren die meisten ländlichen Gebiete und einige Städte der Region unter ihre Kontrolle bringen. Seit der Eroberung der Hafenstadt Massawa im Februar 1990 ist die in Eritrea stationierte, auf etwa 120.000 Mann geschätzte zweite Armee von der Versorgung auf dem Landweg abgeschnitten. Der größte Teil der zweiten Armee ist in der regionalen Hauptstadt Asmara und deren Umgebung konzentriert. Die übrigen Regierungstruppen verteilen sich auf einige Garnisonsstädte südlich von Asmara und die nördlich von Asmara gelegene Stadt Keren. Die Kampfhandtungen konzentrierten sich auf die Umgebung der von der Armee gehaltenen Städte, in anderen Gebieten finden periodisch Luftangriffe, überwiegend gegen zivile Ziele statt." Sowie schließlich: "Nach hiesiger Einschätzung bestünde jetzt und in absehbarer Zeit die einzige realistische Möglichkeit für eritreische Jugendliche in ihre Heimatregion Eritrea zurückzukehren darin, sich der EPLF als Kämpfer anzuschließen und kriegsteilnehmer auf eritreischer Seite zu werden. Der Aufbau einer Existenz als Zivilist in den von der EPLF kontrollierten Gebieten ist für sie nach hiesiger Kenntnis unter den gegebenen Bedingungen in der Regel nicht möglich. Es ist nicht auszuschließen, daß im Einzelfall eine Rückkehr nach Asmara möglich wäre, wenn die betreffende Person dort Familienangehörige hat, die Ausreise nach Äthiopien in Absprache mit der hiesigen äthiopischen Botschaft erfolgt ist, seitens der äthiopischen Behörden in Addis Abeba keine Maßnahmen erfolgen und ein Flugticket für die Weiterreise nach Asmara bezahlt und beschafft werden kann. Abgesehen davon, daß die Versorgung der Zivilbevölkerung Asmaras von humanitärer Hilfe abhängig ist und daß ein männlicher Jugendlicher voraussichtlich zum Militärdienst genötigt würde, besteht unter dem geltenden Kriegsrecht und in der infolge des Belagerungszustandes sehr angespannten Lage das Risiko, der willkürlichen Verhaftung oder ungezielten Repression seitens äthiopischer Soldaten (Vergewaltigung, Schüsse auf beliebige Personen auf der Straße usw.) zum Opfer zu fallende."

Bei der Tatsache des Bürgerkriegs in Äthiopien handelt es sich um ein liquides Erkenntnismittel. Die Tatsache des Bürgerkriegs ist aufgrund der allgemeinen Berichterstattung in den Medien als allgemeinkundig i.S.d. § 291 ZPO zu bezeichnen (Kopp, § 98 VwGO Rd.Nr. 23; BVerfG, B. v. 9.10.1990, InfAuslR 91, 22). Dieser Gesichtspunkt gibt auch einen humanitären Abschiebungsschutz. Zwar begründet eine allgemeine Bürgerkriegslage an sich noch kein Abschiebungshindernis. Dies ergibt sich nunmehr aus § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG, wonach Gefahren in diesem Staat, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, lediglich bei Entscheidungen nach § 54 berücksichtigt werden kann (Kanein/Renner, AuslR, 5. Aufl., § 53 AuslG Rd.Nr. 15). Etwas anderes konnte sich aber bereits aufgrund der bisherigen Rechtsprechung aus dem Gesichtspunkt der Menschenwürde ergeben (BVerwG, B. v. 13.8.1990, NVwZ-RR 91, 215 = BayVBl. 91, 91), wenn konkrete Anhaltspunkte oder Merkmale eine derartige Gefährdung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten lassen. Insoweit tritt zwar das fakultative Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AusIG zurück, es ist jedoch das zwingende Abschiebungshindernis des § 53 Abs. 4 AuslG gegeben. Eine derartige konkrete Gefährdung liegt aber hier vor. Nach der Auskunftslage bestand auch eine konkrete Gefährdung des Klägers. Zum einen war die Wahrscheinlichkeit gegeben, von der eigenen bzw. im jeweiligen Gebiet vorherrschenden Befreiungsorganisation zum Bürgerkrieg gezwungen zu werden. Zum anderen bedeutete schon der Verdacht der Zugehörigkeit zu einer Befreiungsorganisation, daß Maßnahmen der damaligen Regierungsarmee stattfanden. Nachdem sich der offene Bürgerkrieg zumindest in den letzten Jahren auf nahezu das gesamte Gebiet Äthiopiens erstreckt hatte, kann auch eine regionale Sicherheit vor seinen Folgen nicht angenommen werden. Nach den vorstehenden Ausführungen Insbesondere der Auskunft des Instituts für Afrika-Kunde vom 29.1.1991 kann nämlich eine auch regional begrenzte inländische Sicherheit in keinem Teil Äthiopiens mit der erforderlichen hinreichenden Sicherheit vorausgesetzt werden.

Da nach alledem eine Abschiebung nicht zulässig war, sind Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung aufzuheben. Für den Fall einer erneuten Entscheidung wird die Ausländerbehörde auch zu prüfen haben, ob angesichts der immer noch bestehenden Hungersnot in Äthiopien und Eritrea eine Abschiebung nicht die vorherige Klärung der Existenzsicherung (Institut für Afrika-Kunde vom 26.9.1991) voraussetzt.

Die Kostenentscheidung beruht im jeweiligen Prozeßrechtsverhältnis auf § 154 Abs. 1 VwGO unter analoger Anwendung von § 155. Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde nach § 708 Nr. 11 ZPO ausgesprochen. Ein Vollstreckungsschutz nach § 711 ZPO ist nicht veranlaßt.

Gründe für die Zulassung der Berufung waren für keine der erhobenen klagen ersichtlich, § 32 Abs. 2 AsylVfG.

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