Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 12. Juli 1990-A 9 K 10452/89

Verwaltungsgericht Stuttgart

Im Namen des Volkes

Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

X gegen

1.         Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister des Innern, dieser vertreten durch den Leiter des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Rothenburger Str. 29, 8502 Zirndorf,

beteiligt : Bundesbeauftragter für Asylangelegenheiten, Rothenburger Str. 29, 8502 Zirndorf,

2.         Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landratsamt Ravensburg, Friedenstr. 6, 7980 Ravensburg,

Beklagten,

wegen

Anerkennung als Asylberechtigter, Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung

hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 1990 durch

den Richter am Verwaltungsgericht

Kuntze

als Einzelrichter

am 12. Juli 1990 für Recht erkannt:

Die Beklagte Ziff. 1) Der Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 22.06.1989 wird aufgehoben.

wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt ein Drittel der Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziff. 2). Die Beklagte Ziff. 1) trägt zwei Drittel der Gerichtskosten sowie zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Im übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit. Ohne gültige Reisepapiere verließ er im August 1988 Jugoslawien und stellte am 14.08.1988 auf dem Polizeirevier in Neuhausen/Filder Asylantrag. Er gab an, er sei illegal über die Grenze gekommen. In einem schriftlichen Asylantrag heißt es, er habe an der Demonstration von 1981 in Pristina teilgenommen. Er habe. Parolen geschrieben und habe Dokumente transportierti die für die albanische Nation seien. Er sei illegal geflohen, .weil ihm eine Freiheitsstrafe drohe. Der jugoslawische Staat behandle die Albaner ungerecht und es gebe keine Republik Kosovo, für die er sich einsetze. Sein Paß sei ihm von der jugoslawischen Polizel genommen worden.

Bei einer persönlichen Anhörung im Rahmen der Vorprüfung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, die am16.02.1989, in Zirndorf stattfand; erklärte der Kläger: Ein Freund von ihm, sei etwa vier Monate vor ihm in die Bundesrepublik gereist. Er selbst. habe 1986 einen Paß erhalten. Er sei 1980 Präsident der Jugendorganisation der Kommunistischen Partei geworden. Er habe sich dann mit den Peöblemen seines Volkes beschäftigt und insbesondere seiner Volksgenossen in Mazedonien. Seit 1982 sei er Mitglied der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (Mazedoniens) gewesen. Er sei aber trotzdem immer kritisiert worden wegen seines Engagements für seine Landsleute. Er sei Teilnehmer an den politischen Demonstrationen von 1981 in Pristina gewesen. Er habe an allen Veranstaltungen teilgenommen, die das albanische Volk beträfen. Im März 1988 habe er erstmals die Bundesrepublik besucht. Er habe von dort aus politisches Material nach Jugoslawien transportiert. Dasselbe habe er im Juni 1988 getan. Er habe dann bei der Rückkehr erfahren, daß zwei seiner Freunde verhaftet worden seien. Am 13. August habe er sich in Pristing aufgehalten. Währenddessen sei die Polizei bei ihm zu Hause gewesen und habe alle Bücher, Cassetten und alle Schriften über das albanische Volk beschlagnahmt. Sie hätten bei den Demonstrationen Spruchbänder gehabt, die Gleichheit für alle Völker, Jugoslawiens, eine Republik Kosovo u.ä. gefordert sowie diejenigen geehrt hätten, die in den Gefängnissen umgebracht worden seien. Er habe Jugoslawien am 13. August 1988 verlassen, um der Polizei zu entgehen. Sein Paß sei bei der Polizei in Skopje. Den habe sie ihm am 13. August 1988 abgenommen, da sie ihn habe einsperren wollen. Er habe nämlich die Behörden kritisiert, weil er für die Rechte der Albaner eingetreten sei. Er habe nämlich einem mazedonischen Polizisten gegenüber auf Frage einmal geäußert, er sei von der Nationalität Albaner. Er selbst sei nicht verhaftet worden. Zwei seiner Kollegen seien verhaftet worden. Er habe deshalb auch Angst gehabt. Der Kläger nannte dann die Namen der beiden Verhafteten. Diese beiden seien nach dem März 1988 verhaftet worden und befänden sich immer noch in Untersuchungshaft. Sie seien in Skopje im Gefängnis. Bei der Ausstellung der bei der Ausreise mitgeführten Geburtsurkunde am 05.04.1988 habe er keine Schwierigkeiten gehabt. Der Paß sei ihm in seinem Haus abgenommen worden. Bei der ersten Reise in die Bundesrepublik habe er politisches Material von seinem Cousin erhalten, der sich in MÜnchen befinde. Es handele sich um Nuhi Berisha. Beim zweiten Mal habe er das Material von Sherif Murtezi erhalten, das dieser aus Schweden mitgebracht habe. Die Polizei suche ihn seit August 1981. Die Polizei habe alles durchsucht und ,beschlagnahmt, auch den Paß. Er habe Material für die Rechte des albanischen Volkes zu Hause gehabt. Die Albaner seien ein altes Volk und hätten im Gegensatz zu anderen Nationen keine eigene Republik. Die Polizei sei am 13.08.1988 zu ihm gekommen. Er wisse nicht genau, wann es am Morgen gewesen sei. Er seil bei seinem Onkel gewesen. Dort sei er benachrichtigt worden, daß die Polizei das Material und den Paß beschlagnahmt habe. Darauf hin sei er sofort ausgereist. Er sei von Österreich nach Deutschland illegal zu Fuß über die Grenze. Er sei Morgens vor 8 Uhr von seiner Familie über den Polizeieinsatz informiert worden. Der Sohn seines Onkels, habe ihn nach Ljubliana gebracht und von dort sei er mit dem Taxi weitergefahren. In Österreich und Deutschland sei er dann per Anhalter weitergefahren. Über den illegalen Grenzübergang habe er von Freunden erfahren. Im Gefängnis sei er nicht gewesen. Seine Freunde seien im April 1988 verhaftet worden. Er selbst sie dann in Pristina bei seinem Cousin und seinem Onkel gewesen. Er habe schon geahnt, daß man ihn verfolgen werde.

Das Bundesamt lehnte diesen Asylantrag mit Bescheid vom 22.06.1989 ab und stützte sich im wesentlichen darauf, daß. die Angaben des. Klägers nicht glaubhaft seien.

Dieser Bescheid wurde dem Kläger zusammen mit einer Verfügung des Landratsamts Ravensburg vom 06.09.1989 am 12.09.1989 zugestellt. In dem Bescheid des Landratsamts wird der Kläger zur Ausreise innerhalb eines Monats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Asylablehnungsbescheides aufgefordert. Gleichzeitig wird ihm für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung angedroht.

Der Kläger hat am 25.09.1989 gegen beide Bescheide Klage erhoben.

Der Kläger beantragt, die Beklagte Ziff. 1) unter ufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 22.06.1989 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und den Bescheid des Beklagten Ziff. 2) vom 06.09.1989 aufzuheben.

Die Beklagten sind den Klagen aus den Gründen der angefochtenen Bescheide entgegengetreten.

Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht zum Verfahren geäußert.

Der Einzelrichter hat den Kläger in zwei mündlichen Verhandlungen zu den Gründen seines Asylbegehrens ergänzend angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aktennotiz über die erste Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 01.03.1990 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.07.1990 verwiesen.

Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch Vernehmung des Sherif Murtezi als Zeugen. Wegen der Einzelheiten der Aussage wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.07.1990 verwiesen.

Das Gericht hat verschiedene Auskünfte und Stellungnahmen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage gegen die Beklagte Ziff. 1) ist zulässig unb egrÜndet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, denn er hat Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (§ 113 Abs. 4 VwG0).

Politisch Verfolgter nach Art. 16 Abs. 2 S. 2 des Grundgesetzes ist, wer für seine Person die aus Tatsachen begründete Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung hegen muß. Eine begründete Furcht vor politischer Verfolgung wegen des vom Asylsuchenden geltend gemachten Verfolgungsanlasses besteht dann, wenn ihm im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so daß ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren. Hat ein Asylbewerber schon einmal politische Verfolgung erlitten, so kann ihm der asylrechtliche Schutz allerdings nur dann versagt werden, wenn eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (BVerfGE 54, 341; BVerwG Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 27; BVerwGE 67, 314).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v.19.05. 1987, Buchholz 402.25,§ 1 AsylVfG Nr. 68) wird die politische Überzeugung in asylerheblicher Weise unterdrückt, wenn ein Staat mit Mitteln des Strafrechts auf Leib, Leben oder die persönliche Freiheit des einzelnen schon deshalb zugreift, weil dieser seine mit der Staatsraison nicht übereinstimmende politische Meinung nach außen bekundet und damit notwendigerweise eine geistige Wirkung auf die Umwelt ausübt und meinungsbildend auf andere einwirkt. Für die Beurteilung, ob Bestrafung aufgrund von Staatsschutzvorschrif ten auf die Unterdrückung politischer Überzeugung abzielt, kommt es wesentlich darauf an, ob die Vorschriften im Wege freier Meinungsäußerung eine geistige Auseinandersetzung zwischen den durch die geschützten staatlichen Prinzipien und den ihnen nicht entsprechenden Ideen zulassen. Wie sich aus den verwerteten Unterlagen ergibt, besteht für jugoslawische Staatsangehörige albanischer Volkszugehörigkeit, die sich politisch aktiv für eine Unabhängigkeit der Provinz Kosovo und für die Rechte der Albaner in anderen Landesteilen (beispielsweise Mazedonien) einsetzen, die dringende Gefahr daß sie schon allein wegen solcher dem jugoslawischen Staat mißliebiger Meinungsäußerungen damit rechnen müssen, nach Art. 133 Abs. 1 des jugoslawischen Strafgesetzbuches verurteilt und in Haft genommen zu werden. Es besteht außerdem nicht nur die Gefahr strafrechtlicher Verurteilung, sondern es ist ebenfalls zu befürchten, daß gerade ein politisch aktiver albanischer jugoslawischer Staatsangehöriger damit rechnen muß, in "Isolationslhaft" zu kommen, was eine Art ministrativer Haft darstellt, für die es keine richterliche Überwachung gibt. Entsprechende Häftlinge werden nicht über den Grund ihrer Haft informiert und haben kein Recht auf Kontakt mit Rechtsanwälten oder Familienangehörigen, die nicht über ihren Aufenthaltsort informiert werden müssen.

Für die Kammer stellt eine Bestrafung wegen bloßer Meinungsäußerungsdelikte im konkreten Fall albanischer Volkszugehöriger in Jugoslawien keine legitime Form des strafrechtlichen Staatsschutzes dar. Es handelt sich dabei erkennbar um eine an der bloßen Äußerung einer dem jugoslawischen Staat mißliebigen Meinung anknüpfenden Bestrafung, die politische Verfolgung im oben beschriebenen, Sinne darstellt. Der entgegenstehenden Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Urteil vom 30.11.1987, - A 13 S 485/87 - schließt sich die Kammer nicht an. Dieses Urteil ist zwischenzeitlich auch vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben worden (Beschluß vom 10.04.1990 - 2 BvR 635/88), weil Staatsschutz nicht jede Strafverfolgung von oppositionellen Meinungen rechtfertigen kann.

Nach den vorliegenden Auskünften ist davon auszugehen, daß ein Albaner, der sich äußerlich erkennbar und aktiv für die Rechte der Albaner einsetzt und dabei den jugoslawischen Behörden auffällt, schon wegen bloßer friedlicher Tätigkeiten wie demonstrieren, Material verteilen u.ä. mit erheblicher, Bestrafung zu rechnen hat.

Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, daß ihm die Gefahr politischer Verfolgung in dem oben beschriebenen Sinne droht.

Der Kläger hat nach seinen insoweit übereinstimmenden Angaben in mehreren Befragungen an Zahlreichen Demonstrationen von Albanern sowohl in Kosovo als auch in Mazedonien teilgenommen. Aufgrund seiner politischen Tätigkeit hat er zahlreiches politisches, Material in seiner Wohnung gehabt, welches von der Polizei beschlagnahmt wurde. Dadurch ist der Kläger den jugoslawischen Behörden als albanischer Aktivist aufgefallen. Der Kläger hat des weiteren zweimal aus der Bundesrepublik nach Jugoslawien illegales Material albanischer Exilorganisationen geholt und in Jugoslawien verbreitet. Er hat sich damit in einem erheblichen Umfang politisch engagiert und betätigt und seine Überzeugung, daß die Rechte der Albaner verbessert werden müßten, zum Ausdruck gebracht. Die Angaben des Klägers sind auch entgegen der Auffassung der Beklggten Ziff. 1) in dem angefochtenen Bescheid glaubwürdig. Die Anhörungen durch den Einzelrichter haben ergeben, daß der in dem angefochtenen Bescheid als wesentlich herausgestellte Punkt, der 13. August 1988 sei in der vom Kläger dargestellten Form so angefüllt mit Ereignissen, daß es nicht glaubhaft sei, daß dies alles tatsächlich stattgefunden habe, sich im nachhinein als Mißverständnis aufklären läßt. Der Kläger hat nie behauptet, daß er am 13. August selbst zu Hause gewesen sei und ihm dort der Paß abgenommen worden sei. Insoweit muß offenbar durch die Übersetzung oder durch sonstige Verständnissphwierigkeiten ein falscher Zungenschlag in die Anhörung vor dem Bundesamt gekommen sein. Der Kläger hat vielmehr von der Durchsuchungs - und Beschlagnahmeaktion in seiner Wohnung am selben Tage telefonisch von seinen Eltern Nachricht erhalten, als er sich bei seinem Onkel aufhielt. Er hat des weiteren plausibel machen können, wie er dann in kürzester Zeit an die jugoslawisch/österreichische Grenze gelangen konnte, um auszureisen. Daß sich beim Kläger noch Material der von ihm genannten Art befindet, ist aufgrund der von ihm durchgeführten zweimaligen Kurieraktionen nachvollziehbar. Dabei hat sich das Gericht aufgrugd der, Beweisaufnahme davon überzeugt, daß der Kläger jedenfalls im Juli 1988 in erheblichem Umfang politisches Material von Exilalbanern in der Bundesrepublik in Empfang genommen und nach Jugoslawien weitergeleitet hat. Nachdem er aufgrund der Beschlagnahme den jugoslawischen Behörden bekannt ist, droht ihm nunmehr in dem in den verwerteten Auskünften beschriebenen Umfang strafrechtliche Verfolgung wegen seiner reinen Meinungsäußerungstaten. Damit drohte ihm zum Zeitpunkt seiner Ausreise politische Verfolgung. Allerdings kann ein Asylantrag nur dann Erfolg haben, wenn die fluchtbegründenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche Änderung fortbestehen (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86; 1000/86 und 961/86). Es ist deshalb zu prüfen, ob eventuell politische Verfolgung in Jugoslawien nur regional begrenzt (nämlich in Mazedonien und Kosovo) zu erwarten ist und ob sich jetzt im nachhinein eine zumutbare inländische Fluchtalternative für den Kläger eröffnet. In diese Richtung könnten die neueren Auskünfte des Auswärtigen Amtes deuten, wenn dort die Rede davon ist, in Slowenien und auch in Kroatien sei mit gewisser Sicherheit vor politischer Verfolgung für Albaner zu rechnen. Zunächst ist dazu festzustellen, daß zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers ganz offensichtlich von einer solchen Zurückhaltung bei der Amtshilfe der slowenischen Behörden noch nicht die Rede sein, konnte, sondern daß es sich dabei um einen Ausdruck der neuerem politischen Entwicklung insbesondere in Slowenien handelt. Dies bedeutet, daß zum Zeitpunkt der Ausreise für den Kläger keine zumutbare inländische Fluchtalternative bestand. Aufgrund dieser Sachlage ist der Kläger asylberechtigt, wenn nicht festgestellt werden könnte, daß er in seinem eigenen Staat wieder Schutz finden könnte. Für eine solche positive Annahme eines ausreichenden Schutzes in Jugoslawien im Rahmen einer inländischen Fluchtalternative reichen nach Auffassung des Gerichtes die neueren Auskünfte nicht aus. Bei der Zurückhaltung von Slowenien und Kroatien im Rahmen des Amtshilfeverkehrs handelt es sich erkennbar auch um den Ausdruck der dort stattgefundenen politischen Veränderungen und den Ausdruck von politischen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen jugoslawischen Republiken. Eine echte Rechtssicherheit besteht für den Kläger nicht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die angespannte innenpolitische Lage in Jugoslawien, die zu erheblichen Spannungen zwischen den einzelnen Teilrepublike geführt hat. Es muß mit einer Änderung einer solchen zurückhaltenden Amtshilfepolitik gerechnet werden, so daß eine echte inländische Fluchtalternative nicht besteht, die den grundsätzlich bestehenden Asylanspruch des Klägers wieder beseitigen würde.

Der Kläger war deshalb als Asylberechtigter anzuerkennen.

Die Klage gegen den Beklagten Ziff. 2) ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Die auf Grundlage des § 28 AsylVfG ausgesprochene Verfügung des Beklagten Ziff. 2) hat zu Recht die Voraussetzungen dieser Vorschrift bejaht. Ein anderweitiges Recht zum Aufenthalt war für den Beklagten Ziff. 2) für den hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides nicht ersichtlich und war vom Kläger auch nicht vorgetragen.

Davon unabhängig ist die Tatsache, daß der angefochtene Bescheid wirkungslos wird, sollte der Kläger rechtskräftig als Asylberechtigter anerkannt sein. Dies ergibt sich bereits aus dem Tenor des Bescheides.

Die Klage war deshalb insoweit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 VwGO und der entsprechenden Anwendung von § 162 Abs. 3 VWGO. Es bestand keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten für erstattzungsfähig zu erklären.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Die Nichtzulassung der Berufung kann selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgericht Stuttgart, Augustenstraße 5, Postfach 105052, 7000 Stuttgart 10, einzulegen. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts oder des Oberverwaltungsgerichts, von der das Urteil abweicht, bezeichnet werden.

gez. Kuntze.

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