Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 7. August 1996-11 AA 96.33333

Bayrischer Verwaltungsgerichtshof, 7 Aug. 1996

Leitsatz (amtlich):

Die Berufung auf das Asylgrundrecht ist (auch) demjenigen Ausländer versagt, der nach seiner Asylantragstellung Deutschland wieder verläßt und sich in einem sicheren Drittstaat aufhält.

Aus den Gründen:

Das angegriffene Urteil weicht von der Entscheidung des BayVGH vom 7.3.1995 nicht ab. Dort hatte der VGH entschieden, daß § 51 Abs. 3 VwVfG nicht auf weiteres Vorbringen zu einem bereits geltend gemachten Wiederaufgreifensgrund anzuwenden ist. Hier folgte das VG der Rechtsprechung des BVerwG (BVerwG, NVwZ 1990 359), wonach dann, wenn ein Wiederaufgreifensantrag auf mehrere - in zeitlichen Abständen vorgebrachte - Wiederaufnahmegründe iSd § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG gestützt wird, für jeden Grund eine eigenständige 3-Monats-Frist nach § 51 Abs. 3 VwVfG gilt. Während der Entscheidung des VGH also die »Anreicherung« eines vorgebrachten Wiederaufgreifensgrunds (Änderung der Sach- und Rechtslage nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) mit zusätzlichen Beispielen exilpolitischer Betätigung zugrundelag, hatte das VG die Rechtzeitigkeit des Vorbringens verschiedener Wiederaufgreifensgründe (Beweismittel nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) zu würdigen. Fehlt es an der behaupteten Divergenz, scheidet auch die insoweit geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs aus.

Davon abgesehen kann das angegriffene Urteil nicht auf der geltend gemachten Abweichung beruhen (vgl. BVerwGE 14, 342). Das VG hat einen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens im Ergebnis nämlich deshalb zu Recht verneint, weil der Kl. wegen anderweitiger Sicherheit vor Verfolgung nicht als Asylberechtigter anerkannt wird. Der Kl. hält sich seit September 1995 nicht mehr in Deutschland, sondern in den Niederlanden auf. Dort ist er vor politischer Verfolgung sicher (vgl. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 2 AsylVfG).

Der VGH sieht keinen Grund, nicht der Rechtsprechung des BVerwG zu folgen, wonach eine Anerkennung als Asylberechtigter auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Asylbewerber nach seiner Einreise in die BR Deutschland und nach seiner Asylantragstellung in einem anderen Staat Sicherheit vor Verfolgung erlangt hat (BVerwG, EZAR 205 Nr. 10 = NVwZ 1989, 673). Wie Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG aF und § 2 Abs. 1 AsylVfG (1987) haben Art. 16a Abs. 1 GG und § 27 Abs, 1 AsylVfG zur Grundlage, daß der Kreis der Anspruchsberechtigten auf die politisch Verfolgten beschränkt ist, die nicht bereits anderweitig Schutz erlangt haben, wobei sich - nunmehr - der aus einem sicheren Drittstaat eingereiste Ausländer nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylVfG auf das Asylgrundrecht schon deshalb nicht mehr berufen kann, weil er in diesem Staat Schutz vor politischer Verfolgung hätte finden können. Umso weniger kann angenommen werden, daß derjenige vom Ausschluß aus dem Geltungsbereich des Grundrechts auf Asyl nicht betroffen sein sollte, der nach Beantragung von Asyl in einem sicheren Drittstaat tatsächlich Sicherheit (und zwar unabhängig von der Frage der Zuständigkeit - Art. 16a Abs. 5 GG - zur Prüfung eines etwaigen Asylbegehrens, vgl. BVerwGE 77, 150 = EZAR 205 Nr. 5) erlangt hat und diese auch im Zeitpunkt der behördlichen oder letzten tatrichterlichen Entscheidung über das Asylgesuch genießt.

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